„Ihr seid die Elite“

29. Februar 2012

Integrationsbotschafterin Ivana Cucujkić vom biber erklärte den Schülern des Gymnasiums Diefenbachgasse, wie Migranten es schaffen können: durch gutes Deutsch, durch gute Ausbildung und Glück.

Das Treffen im Gymnasium Diefenbachgasse im 15. Bezirk – Migrantenanteil 72 Prozent - beginnt mit einer Enttäuschung: „Staatsekretär Sebastian Kurz ist aus terminlichen Gründen verhindert.“ Nach den ersten Fragen an die drei Integrationsbotschafter, die ihnen statt der Lehrer gegenüber sitzen, legt sich die Enttäuschung der Schüler und Schülerinnen - darunter viele mit Kopftuch. Erstmals ist auch unsere Ivana am Podium. Sie ist eine von 100 Integrationsbotschaftern, die Migranten in ganz Österreich zeigen wollen, wie man es schaffen kann.

 

„Was ist wichtig für Migranten außer gutes Deutsch?“, will eine Schülerin wissen. „Eine gute und fundierte Ausbildung“, sagt Cucujkic. Allerdings habe nicht jeder die Möglichkeit, ein Gymnasium zu besuchen. „Wir hier in diesem Raum sind die Elite. Als Kind von Migranten wird man schnell in eine Hauptschule gesteckt. Ich landete nur im Gymnasium, weil mein Vater dort auf dem Weg zur Arbeit mit dem Auto vorbeifuhr und es somit für ihn praktisch war. Meine Schwester hatte weniger Glück. Sie hatte es schwerer und muss jetzt die Studienberechtigungsprüfung nach machen.“

 

Lukas Kluszczynsky, der den Staatssekretär vertritt, macht den Schülern Mut: „Seid glücklich, in dem, was ihr tut. Man muss nicht immer ein Vastic (Austria-Trainer) oder Dogudan (Do&Co-Gründer) sein, um es zu schaffen.“

 

Für Jubin Honarfar, dem Initiator der Karriereplattform whatchado (whatchado.net) geht auf die Defizite bei der Sprache ein. „Sprachkurse werden zwar angeboten, die Migranten müssen aber wirklich wollen.“ Wer aber trotz dieses Willens zur Integration ausgegrenzt werde, der verliere den Willen schnell wieder, appelliert er an die Österreicher zu mehr Offenheit gegenüber Migranten.

 

„Worauf kommt es im Beruf an?“, Cucujkic meint: „Mein Vater ist Unternehmer, er sagt immer, das Geld liegt am Boden, man muss sich nur bücken und es aufheben. Darum geht es. Viele wissen, wie es funktionieren würde, sind aber nicht gewillt, sich genug zu bemühen, beispielsweise einen Kurs zu machen, um ans Ziel zu kommen.“

 

Eine Schülerin mit Kopftuch spricht ein Thema an, mit dem Kurz ganz zu Beginn seiner Amtszeit für Aufsehen gesorgt hat: „Warum wollte der Staatssekretär Kurz, dass man die Deutsch Sprache in Moscheen einführt? Wer möchte denn, dass einem die Sprache vorgeschrieben wird. Die freie Sprachwahl ist doch ein Menschengrundrecht?“

 

Kluszczynsky versucht, den Vorstoß zu erklären: „Mittelpunkt dabei war, dass die allgemeine Sprache in Moscheen Deutsch sein sollte, aber nicht die Gebete oder ähnliches. Schließlich gibt es Muslime, die kein arabisch sprechen. Diese sollte alle auf einen Nenner gebracht werden, damit alle alles verstehen.“

 

Dann fragt ein Maturant, ob es nicht schon zu spät wäre für die ganze Integrationsarbeit, wo doch schon so viel im Argen liege. „Hätte man da nicht viel früher aktiv werden müssen?“

„Natürlich hätte man mit der Integrationsarbeit früher anfangen sollen, aber besser spät als nie, sagt Kluszczynsky. „Uns ist klar, dass in den vergangenen Jahrzehnten einiges versäumt wurde, jetzt gilt es aber Aufholarbeit zu leisten, aber auch für die Zukunft zu planen. Wir tun unser Bestes - auch wenn Ivana und ich keine Jobs mehr hätten, wenn alle perfekt integriert wären“, sagt er schmunzelnd. Und sein Chef auch nicht.

 

Fotos: Magdalena Possert

 

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