„Za dom spremni!“

11. Dezember 2013

Ist der kroatische Fußballer Josip Šimunić ein Faschist oder stolzer Patriot? Der Historiker Alojz Ivanišević gibt dem Kicker gratis Geschichtestunden.

Von Amar Rajković

 

Kleine Geste, große Wirkung – Als Josip Šimunić im Anschluss an das gewonnene WM-Quali-Spiel gegen Island das Megafon packte und die umstrittene Parole „Za Dom“ hinein schrie, kam ein „Spremni"* von den Zuschauerrängen zurück. Šimunić wurde mittlerweile vom kroatischen Verband bestraft, FIFA hat ein Verfahren aufgrund der Aufhetzung zum rassistischen Hass eingeleitet. Der Fußballer zeigt keine Reue: „Lernt doch mal Geschichte“, legte er seinen Kritikern nahe. Und er ist mit dieser Meinung nicht alleine. Nachdem unsere Redakteurin Jelena einen kritischen Kommentar zu Simunic schrieb, antworteten viele Biber-User verärgert und verwandelten die Facebook-Seite binnen weniger Stunden in ein virtuelles Schlachtfeld. Die Verbindung zur Ustaša-Herrschaft sei an den Haaren herbeigezogen, so der Grundtenor der Šimunić-Anhänger.

Hat sich Šimunić des faschistischen Vokabulars bedient oder war das eine harmlose Geste, um seine Heimatliebe zu zeigen? Der kroatische Historiker Alojz Ivanišević hat die Antwort.

 

Biber: Woher stammt der Spruch „Za dom – spremni!“?

Ivanišević: Diese Parole ist ganz eindeutig aus der Ustaša-Zeit, da gibt es keine Zweifel. „Za Dom, Za Dom“  allein (dt: „Für die Heimat, für die Heimat“) hingegen ist älter und stammt aus der Oper „Nikola Šubic Zrinski“ von Ivan Zajc aus dem Jahr 1876. Diese Oper  hat  die osmanische Belagerung des  ungarischen Szigetvár im Jahr 1566 und  deren Abwehr  unter dem kroatischen Banus Nikola Šubic Zrinski zum Inhalt. Nun entpuppen sich auf einmal kroatische Fußballfans als große Opernfanliebhaber. Das ist doch lächerlich.

Sind die mitsingenden Fans im Stadion Faschisten?

Das kann man natürlich nicht so pauschal sagen. Bekennende  Faschisten oder  Ustaša-Anhänger gibt es wenige, in der kroatischen Diaspora mehr als in Kroatien. Das weitaus größere Problem ist die mangelnde Bildung der Bevölkerung, vor allem der Jugend  in Sachen Geschichte und Politik bzw., der weit  verbreitete politische Analphabetismus unter  denselben, der die Gefährlichkeit einer  nationalistischen und faschistischen Ideologie nicht erkennt.

Was hat das Ustaša-Regime im  Zweiten Weltkrieg angerichtet?

Ustaše  waren eine extrem nationalistische, militante  Bewegung, die im ersten Jugoslawien aus einer  rechten Splitterpartei  hervorgegangen ist. Nach der Einführung der Königsdiktatur 1929 flüchteten die Ustaše  nach Italien, Ungarn und auch Österreich. Die Bewegung vertrat  die klassische Blut- und Bodenideologie, stark beeinflusst vom italienischen Faschismus. Im „Unabhängigen Staat Kroatien“, einem Satellitenstaat  des Dritten Reiches, verübte das Ustaša –Regimes bekanntlich Massenmord an der serbischen, jüdischen und Roma – Bevölkerung  (Stichwort  KZ Jasenovac).

Wo lebt der Ustaša-Geist heute weiter?

Eine deklarierte  Ustaša-Partei  gibt es in Kroatien heute nicht, einige kleinere rechte Parteien bekennen sich jedoch mehr oder  weniger klar zu dieser Ideologie. Das Hauptproblem besteht aber darin, dass es auch in der national-konservativen HDZ und in einigen anderen (Oppositions)parteien ähnlicher ideologischer Ausrichtung  Kräfte gibt, die sich vom Ustaša-Gedankengut nicht klar distanzieren und vor allem in den letzten zwei Jahren eine aggressive Serben – und allgemein Minderheiten feindliche und nationalistisch- klerikale Politik betreiben. Sie berufen sich dabei zunehmend auf den umstrittenen HDZ-Gründer und ersten kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman, der sich einst unter dem Einfluß der Ustaša freundlichen kroatischen Exilpolitiker von einem linken zu einem rechten Nationalisten gewandelt hat.

 

*Deutsch: "Für die Heimat - Bereit"

 

Alojz Ivanišević lehrt am Institut für Osteuropäische Geschichte in Wien. Die Spezialgebiete des studierten Historikers, Ethnologen und Theologen  sind u.a. Sport, Politik und Nationalismus, allgemeine  Kultur- Sozialgeschichte sowie Geschichtsschreibung in Ostmittel- und Südosteuropa.

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Kommentare

 

...ist einfach ein selbstverliebtes A...loch :)

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