Brot und Jingles

31. Juli 2013

In vielen kleinen Ortschaften in Ungarn sind die Greißler ausgestorben. Für Supermarktketten lohnt es sich nicht, eine Filiale im Ort zu eröffnen. Um den Konsumhunger der Bevölkerung dennoch zu stillen, gibt es 'rollende Händler'. Das sind Lieferwägen, die täglich frisches Brot, Milch, Tiefkühlwaren oder Eis herankarren.


Wenn mehrere dieser rollenden Händler in einem Dorf aufeinander treffen, ist es aber mit der ländlichen Idylle vorbei. Im akustischen Krieg um schwerhörige Pensionisten, schreiende Kinder und daheimgebliebene Erwachsene werden alle Register gezogen: Die Lieferwägen sind mit kraftvollen Lautsprechen bewaffnet, nervtötende Jingles plärren in Dauerschleife.

Von einem Ende der Ortschaft tönt die Anfangsmelodie von Beethovens "Für Elise" in einer verzerrten und übersteuerten Version, die den Komponisten im Grab rotieren lassen würde. Ums Eck lockt der Eismann mit seiner eigens komponierten Melodie. Für die hat der Volksmund übrigens einen wenig schmeichelhaften Text gedichtet, die übersetzt etwa "Sag deiner Mama, sie soll uns das Geld bringen" lautet.

Das Geschäft mit den rollenden Supermärkten boomt. Laut dem Infoportal origo.hu waren 2012 etwa zehn Prozent aller Supermärkte in Ungarn schon mobil, Tendenz steigend. Als zwangsbeschallter Bewohner und Urlauber kann man nur hoffen, dass eine maximale Abspielanzahl der jeweiligen Melodie pro Dorf eingeführt wird, ansonsten sage ich einen reißenden Absatz an Ohrstöpseln vorraus ..

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