Das Ende meiner Toleranz

26. August 2014

Eigentlich wollte ich gestern vor dem Schlafengehen noch etwas Angenehmes lesen. Nichts da! Ich bin über den Kommentar "Das Ende falscher Toleranz" von der Chefredakteurin Martina Salomon im Kurier gestolpert. Inhalt: Die angeblich ins Mittelalter abdriftende Mehrheit der Muslime. Und das am Beispiel des IS (Islamischer Staat). 

Liebe Frau Salomon. Sie müssen beim Schreiben des Kommentars einen schlechten Tag gehabt haben. Anders kann ich mir Ihre verbalen Fehleinschätzungen gegenüber dem Islam nicht erklären. Sind aufgrund des "IS" jetzt alle Muslime intolerant und imperialistisch angehaucht? Eine Leseprobe: "Ihre Brutalität gegenüber Andersdenkenden (bis hin zu bestialischen Morden), ihren Imperialismus, ihre Unterdrückung von Frauen und Homosexuellen und die Herrschaft der Religion über die Politik lesen sie aus dem Koran heraus." 

Nur weil hirnlose Menschen im Namen des Islams brutale Dinge tun, heißt das nicht, dass automatisch jeder Muslim hirnlos und gewaltbereit ist. Wir Muslime hier in Österreich, haben genauso wenig mit dem "IS" zusammen, wie Sie mit der spanischen Inquisition. Ich werfe auch nicht alle Katholiken in einen Topf, nur weil einige Priester sich in der Vergangenheit an Kindern vergingen. Die Hauptbücherei hat sechs Tage die Woche offen, um dort die richtige Islam-Lektüre zu finden. Da können Sie nachlesen, was den Islam ausmacht - und nicht, wie ihn der IS zurechtbiegt. Mitgliedskarte gebe ich Ihnen gerne aus. 


Es gibt nicht nur einen Islam, genauso wie es nicht nur ein Christen-, oder Judentum gibt. Oder wollen Sie mir weismachen, dass ein österreichischer Stefan genauso den katholischen Glauben auslebt wie ein spanischer Esteban? Es ist sicher nicht im Sinne des Islams, alles abzulehnen oder Menschen "bestialisch" zu ermorden, wie Sie das bezeichnen. Der Islam geht von einer friedlichen Koexistenz aus. Wer dies nicht praktiziert, hat den Islam in seiner Grundform nicht verstanden. Zu Ihrem Vorwurf, Muslime würden die "Opferrolle als Ausrede" verwenden: Sind Sie sich eigentlich bewusst, was Sie damit sagen? Aufgrund solch‘ hirnrissiger Aussagen, geben Sie Menschen eine Legitimation, Muslime auf offener Straße zu attackieren. Sie pauschalisieren und dabei möchte ich mal von Ihnen wissen, mit wie vielen Muslimen Sie schon persönlich geredet haben? Und nein, Kebab bestellen oder Taxi fahren gehört nicht dazu. Und nach Favoriten trauen Sie sich ja auch nicht, wenn man sich Ihren Kommentar  durchliest.
Meine Antwort darauf haben Sie vielleicht auch gelesen.
 

Wo ist Ihr Verantwortungsbewusstsein, das in dieser heiklen Lage von einer Person, die Meinung bildet, verlangt werden sollte?

Ich hoffe trotzdem darauf, dass wir mal Freunde werden können. Dann können wir gerne durch Favoriten schlendern und über den Islam reden. Das wär doch was?

 Salam, Shalom & Baba,
Nour Khelifi


P.S.: Mein Angebot für die Mitgliedskarte ist kein Scherz!

 

Kommentare

 

Hab auch keine Ahnung wieso sich Frau Salomon so aufregt: jeden Tag gehen doch in ganz Österreich hunerte junge, liberale Muslime auf die Straße, und protestieren gegen IS, Al Kaida und gegen Gewalt; gegen Mohammed-Bildnisverbot und für Meinungsfreiheit und....Oooops...waaaait....

Währendessen in der Realität:
Hunderte Muslime gingen in Österreich auf die Straße wegen einer Karikatur und einer lächerlichen Satire.
Und wieviele Muslime gingen auf die Straße F-Ü-R Meinungsfreiheit?
Wieviele Muslime gehen jetzt auf die Straße gegen IS-Bestialitäten?
Wo ist der moderne Islam? Wo ist sie jetzt, die Empörung?
Was sagt das wohl über Deine Religion aus? Glaubst du, die Öffentlichkeit bemerkt das nicht? Hm?

Stattdessen gibt es nur Empörung (inklusive Deines Artikels), wenn man die Verantwortung der Muslime anspricht. Das ist Eure Religion, die da von diesen Versagern missbraucht wird. Die ruinieren Euer Image, und Ihr geht nicht dagegen auf die Straße.

Sry, aber was soll denn Deiner Meinung nach Frau Salomon und die Öffentlichkeit davon halten, wenn jede Kritik am Islam zu großem Gejammer führt, aber Gräueltaten im Namen des Islam scheinen die Muslime nichts anzugehen.
Schweigen heisst Zustimmung... Und je länger das so weiter geht, desto mehr schaut es so aus, als ob es keinen toleranten, modernen Islam gäbe. Da kann die Mehrheit der Muslime noch so toll liberal und friedfertig sein, was zählt, ist das, was man im Alltag sieht:
Und kennst du etwa tolerante Muslime, die Mohammed-Karikaturen und die jahrhundertalte, europäische Tradition von Meinungsfreiheit begrüßen?

Sind Muslime unfähig zur Selbstkritik? Was meinst du, wie ist das bei Dir:
http://derstandard.at/2000004159686/Sind-Muslime-wirklich-unfaehig-zur-S...

 

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