" Das ist aber tief" !

16. Mai 2013

UNTERRICHTSMINISTERIN CLAUDIA SCHMIED WÜNSCHT SICH MEHR LEHRER MIT MIGRATIONSBACKGROUND AN DEN SCHULEN, STREBT EIN EINSTIEGSGEHALT FÜR JUNGLEHRER ZWISCHEN 2400 UND 3000 EURO BRUTTO AN UND ZEIGT SICH EMPÖRT ÜBER ALLTAGSRASSISMUS

IN DEN SCHULEN.

 

biber: Schülerinnen und Schüler in unserer Redaktion erzählen uns oft von rassistischen Lehrern. „Wo bist du gewesen, warst du noch schnell eine Bombe bauen?“, musste sich beispielsweise ein musli- mischer Schüler von seinem Lehrer anhören. Wie kann man sich dagegen wehren?

CLAUDIA SCHMIED: Das ist aber tief! Das schreit nach Em- pörung! Es müssen Grenzen gesetzt werden! Wertschätzung und Respekt den anderen gegenüber sind wichtig. Wenn solche Gren- zen überschritten werden, muss laut und deutlich gesagt werden: „So nicht!“ In Autoritätsbeziehungen, wie hier zwischen Lehrer und Schüler, ist das natürlich schwierig, aber dafür gibt es Lehrer des Vertrauens, die Schulgemeinschaft, Klassensprecher, Elternabende. Pädagoginnen und Pädagogen müssen auf dieses Thema sensibili- siert werden. Es muss an den Schulen Vertrauenspersonen geben. Wir müssen wachsam sein. Dieser Alltagsrassismus darf nicht über- sehen werden.

 

2011 haben Sie sich stark dafür eingesetzt, dass mehr Lehrerinnen und Lehrer mit Migrationshintergrund unterrichten. Was hat sich seitdem geändert?
Wir sind noch nicht am Ziel! Ich hoffe, wir können zunehmend junge Leute dazu bewegen, in den Lehrberuf zu gehen. Wenn jun- ge Menschen in sich die Berufung spüren, mit Schülerinnen und Schülern arbeiten zu wollen, sollen sie diese Berufsausbildung in Erwägung ziehen. Es gibt zwar jetzt schon mehr Lehrer mit Migra- tionshintergrund, aber es boomt noch nicht.

 

Als Deutschlehrerin mit Bosnisch als Muttersprache nehmen mich manche Eltern nicht ernst. Ich wurde gefragt, wie ich denn ihre Kin- der in Deutsch unterrichten kann, wenn Deutsch nicht meine Mut- tersprache ist. Glauben Sie, ist Österreich wirklich schon bereit für Migranten im Lehrberuf?

Ja. Da darf man sich nicht irritieren lassen und einen Schritt auf die Eltern zugehen. Wir haben in Österreich einfach noch viel mit un- serem Selbstbewusstsein zu tun. Dieses Ausgrenzen ist oft Ausdruck einer eigenen Unsicherheit.

 

Welche Lehrerinnen und Lehrer sind gefragt? Gibt es bestimmte Un- terrichtsfächer, die besonders hoch im Kurs stehen?
Ich würde den jungen Menschen raten, sich zu fragen, was sie be- sonders interessiert. Und zwar unabhängig von gerade gefragten Unterrichtsfächern. Während des Studiums können sie dann

Schwerpunkte setzen. Jemand wie Sie, der den interkulturellen Wert in sich hat, könnte sich „Interkulturelles Lernen“ oder „Umgang mit Mehrsprachigkeit“ zum Schwerpunkt nehmen und somit das Beste aus sich machen.

 

Zwischen 2012 und 2025 geht die Hälfte aller Lehrer in Pension, das heißt, es werden viele neue Lehrerinnen und Lehrer gebraucht. Was leistet das Bundesministerium, um den Lehrberuf attraktiver zu ge- stalten?

Wir investieren viel in die Pädagogischen Hochschulen. 2007 haben dort 7000 Personen studiert, jetzt sind es schon 15000. Wir werden hoffentlich vor dem Sommer die neue PädagogInnenausbildung be- schließen. Das wird auch attraktiv, da wir im Studienangebot schon ein Best-of haben, das Beste von Pädagogischen Hochschulen und Universitäten mit erstklassigen Angeboten für Quereinsteiger. Das Ziel mit dem neuen Lehrerdienstrecht ist auch eine bessere Bezah- lung für JunglehrerInnen, die sich zwischen 2400€ und 3000€ be- wegen soll.

 

Die neue Lehrerausbildung steht: Aufnahmetests zu Studienbeginn, vierjähriger Bachelor, ein bis zwei Jahre unterrichten und den Ma- ster kann man auch berufsbegleitend machen. Wieso war diese Re- form nötig und welche Veränderungen versprechen Sie sich davon? Die neue LehrerInnenausbildung berücksichtigt die heutigen An- forderungen und ist kompetenzorientiert. Kommunikationsfä- higkeiten, Vielfalt und Konfliktmanagement werden geschult. Das Selbstbewusstsein der Lehrerinnen und Lehrer soll gesteigert wer- den, dann wird sich das Image dieses Berufes auch heben. Außer- dem können die Studierenden nach dem Bachelor gleich an einer Schule angestellt werden, das wäre das Ende der Praktika-Generation.

 

Aber definiert ein Aufnahmetest wirklich einen guten Lehrer?

Das wird kein typischer Aufnahmetest sein. Ein ganzes Semester lang werden die Studentinnen und Studenten auch mit Kindern zu tun haben. Am Ende des Semesters wird dann entschieden, ob sie Potential besitzen, oder doch lieber etwas anderes machen sollten.

 

Unter den jetzigen Lehramtsstudenten herrscht Verwirrung. Was passiert mit denen, die noch im Diplomstudium sind?

Die begonnenen Studien laufen selbstverständlich weiter. Die Um- stellung erfolgt für Studienanfänger, und da stufenweise. Neue Aus- bildungen gibt es frühestens ab 2014/15.

 

Von Melisa Aljović und Sonja Schwarz (Foto)

 

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