Das Mädchen, das Angela Merkel sprachlos zurückließ

19. Oktober 2020

Nini Tsiklauri

 

Gerade jetzt inmitten der Pandemie und humanitärer Katastrophen auf EU-Boden, bringt die Schauspielerin und politische Aktivistin Nini Tsiklauri ein proeuropäisches Buch heraus. Über Ihre Begegnung mit Angela Merkel, ihre Flucht aus Georgien und EU-Flaggen in der Jackentasche.

Von Berfin Silen und Susanne Einzenberger (Foto)

 

BIBER: Was waren deine Erfahrungen, als Kind auf der Flucht zu sein?

NINI TSIKLAURI: Anfang der 90er Jahre sind wir wegen dem Krieg zwischen Georgien und Abchasien nach Ungarn geflohen. Dort habe ich mich oft wie ein Alien gefühlt. Ich bin wegen meinem Aussehen aufgefallen: dunklere Haut, dunkle Haare, ein Name, den die Kinder nicht kannten. Viele Menschen in Ungarn wussten nicht einmal wo Georgien liegt. Sie dachten ich rede von Georgia in den USA. Es war schwer zu verdauen aus einem Land zu kommen, was für andere gar nicht existiert. Es war, als würde ich ein Märchen erzählen. 

 

Wie kamst du dazu, dich mit ganzem Herzen für die EU zu engagieren? 

Es waren die Reaktionen, die mich motiviert haben. 2008 habe ich sogar Angela Merkel getroffen. Ich bat sie darum, beim NATO Gipfel ein gutes Wort für Georgien einzulegen. Sie hat kurz gestockt. Ein 15-jähriges Mädchen stand vor ihr und bat sie um einen riesigen weltpolitischen Gefallen. Ich hätte nie erwartet, dass sie tatsächlich dieses gute Wort einlegt. Auf der anderen Seite war es aber auch meine Konfrontation mit dem Georgien-Russland-Krieg, den ich bei einer Reise hautnah miterlebte. Es war wirklich ein Wunder, dass meine Familie und ich lebend da rausgekommen sind. Seitdem ist es mir eine Herzensangelegenheit, mich für den Frieden einzusetzen.

 

Die Bilder aus Moria kennen alle und die EU hat gerade kein gutes Image. Warum bleibst du weiterhin auf deinem Kurs?

Es wird sich an der Situation nichts ändern, solange die Menschen in gewissen Mitgliedsländern wie z.B. Polen, Ungarn und Tschechien antidemokratische und antieuropäische Vertreter:innen wählen. Mein Ziel ist es, die Menschen für ein solidarisches Europa zu motivieren, weg von dem destruktiven nationalstaatlichen Denken, was sich gegen Geflüchtete wehrt. Dafür habe ich eine Zeit lang mit einer Autorengruppe proeuropäische Texte und Aufrufe veröffentlicht. Damit haben wir aber nur bestimmte „Bubbles“ erreicht, deswegen war ich mit Pulse of Europe 2019 europaweit in 180 Städten unterwegs. Ich habe gemerkt, dass die Menschen durch rechte antieuropäische Politik vergessen haben, wie vernetzt die EU bereits ist. Im Endeffekt ist auch der Bauer in der Steiermark von den Entscheidungen der EU-Politik abhängig. 

 

Am 17. Oktober erscheint dein neues Buch und verspricht einen Do-it-yourself Rettungsplan für die EU. Kannst du unseren Leser:innen einen kleinen Vorgeschmack geben, wie sie die EU retten können? 

Auf jeden Fall wählen gehen. Aber auch kleine Dinge, wie z.B. eine Europafahne aufhängen. Man kann auch über pulseofeurope.eu lokal aktiv werden. Und ganz wichtig: Bei Rassismus, Xenophobie, Sexismus und Homophobie den Mund aufmachen. Sowohl online als auch offline.

 

 

Alter: 28

Geburtsort: Tiflis, Georgien

Besonderes: Trägt immer eine Europafahne mit sich, und wenn nicht dann findet man in ihrem Outfit immer etwas Blaues und Gelbes. 

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