Das Plakat

21. Mai 2008

Das Plakat

eine Betrachtung von Bogumil Balkansky

Als ich 1971 als kleiner Junge am Südbahnhof aus dem Zug stieg, knallten mir die berühmten "Kolaritsch Plakate" ins Aug`. Wer die nicht mehr kennt, sei hier erleuchtet.: Auf dem Plakat sind zwei Kids zu sehen. Der eine sagt zum anderen: "Ich haas Kolaritsch und du haast Kolaritsch. Warum sag´n´s Tschusch zu mir?"

Ach wo sind sie, diese Zeiten des rührenden Versuches der Sozialdemokratie, den aufkommenden Fremdenhass abzuwehren? Diese nostalgischen Zeiten, als einem nur zwei-drei Mal in der Woche ein gezischtes" Tschusch" entgegengeworfen wurde? Diese lustigen 70-er Jahre, als meine Mutter vom Gynekologen mit den Worten "Die nächste Tschuschin!" aufgefordert wurde, ihre Vagina herzuzeigen? Wo sind sie bloß?

Nun... sie sind vorbei! Dafür haben wir jetzt viel lustigere Zeiten! Franz Fuchs verschickt lustige Bomben gegen alles Fremde, Jörg Haider lobt SS-Männer und die Beschäftigungspolitik des Dritten Reiches und HC Strache will nur drei Bier bestellt haben. Menschen falscher Hautfarbe ersticken in vollbesetzten Flugzeugen weil Polizisten sie Knebeln oder sterben weil Polizisten und Sanitäter auf ihnen herumstehen. Ein junges Mädchen muß mit aller Macht ins Nirgendwo abgeschoben werden, derweil Ostmafiosi österreichische Visa engross kaufen , direkt beim Konsul.

Schöne neue Zeiten. Ja, ja. Aber wenn man es recht betrachtet bringt der nunmehr voll erblühte jedentag/nacht Rassismus in Österreich auch zahlreiche Arbeitsplätze. Neue NGO´s entstehen, die sich um Diskriminierung und Beratung kümmern, Anwälte kümmern sich um die Belange aller, die doch kein Nazi gewesen sein wollen und überhaupt, ständig und nur missverstanden werden, aus dem Zusammenhang zitiert oder schlichtweg diffamiert werden, obwohl sie doch nur die Ängste des "Kleinen Mannes" artikuliert haben.

Macht das leben in diesen Zeiten überhaupt noch Spaß?

Aber ja doch! Seht ihn nur: den HC Strache wie er sich bemüht, nicht wie ein Haiderklon zu reden und gebärden - und es ihm kläglich mißlingt. Seht ihn nur: Peter Westenthaler, geborene Hojac, wie er sich um Halbmonde auf arischen Gipfeln sorgt und herumzuckt, weil er wegen Lügens vor Gericht - vor Gericht muß. (Die Unschuldsvermutung gilt eh, gell ja Hojac).

Seht ihn nur: Unser aller Bundesgusi wie er an den Strippen der BundesWolfGang tanzen tut und Krautsuppe essen tut und uns einen Schmarrn nach dem anderen erzählen tut. Und vor lauter tun nicht zum Regieren kommen tut.

Und ja... seht ihn nur: unseren österreichischen Mitbürger, der in aller Regel ein netter Mensch ist und ganz und gar so wie wir Migranten, mit Schweiß, Blut und Tränen in seiner Geschichte. Seht ihn nur, wie er dem Rest Europas erklären muß warum er gar so ein Rassist sein soll, wo doch die anderen... und so weiter und so weiter.

Mal sehen, vielleicht gibt´s bald ein neues Plakat. Auf dem zwei Kids zu sehen sind und das eine sagt zum anderen: "Mein Papa heißt Kolaritsch, dein Papa heißt Univ.Prof.Dr. Kolaritsch, wieso sagn´s Mistkübler zu ihm?"

Kommentare

 

ich les so deinen text durch,und mir geht so meine vergangenheit durch den kopf.ich seh die bilder meiner anfänge hier vor augen.zuerst der sprache nicht mächtig, war ich so einigen beschimpfungen ausgeliefert und konnt mich nicht wehren.und hätt ich auf tschuschisch zrück geredet, wäre es keine genugtuung gewesen,weil mich mein angreifer ja nicht verstanden hätte.langsam aber sicher machte sich bei mir eine zielstrebigkeit breit, wo ich die sprache als waffe nutzte.je mehr ich erreichte, je besser ich wurde als meine inländischen schüler,bemerkte ich teils lob und teils neid...was mich immer weiter anspornte. und je besser ich mit meinen mitmenschen kommunizieren konnte, desto mehr respekt erhielt ich von denen, die es wert waren meine bekanntschaft zu machen.die anderen sonderte ich aus und kehrte ihnen den rücken,was sie nur noch mehr zur heißglut trieb.ich war nun auf die neider nicht angewiesen, konnte alles schaffen, was ich mir vorgenommen hatte. und die größte genugtuung bekam ich bei meiner maturaprüfung, als dem landesschulrat der mund offen blieb, als ich ihm akzentfrei auf italienisch über die mafia erzählte und er mich vor den ganzen profs als star des tages nannte. "sie werden schon ihren weg machen" meinte er...und so ging ich weiter in die große stadt wien, um mal ein "plakat" auf meiner wand zu sehen, wo titel+IC stehen wird, damit mir eine beschmipfung "scheißtschusch", wie ein windhauch vorkommt...ich verachtend lächeln kann und eventuell, wenn mir danach ist akzentfrei "halt die fresse" antworten kann. frustrierte menschen wirds immer geben, die eventuell mir auch die schuld für ihr unzufriedenes leben geben werden...aber meine sprache können sie mir nicht nehmen! und noch weniger meine würde!

 

oh, die können...

 

an ivana nehmen. gemeint sind hier wirklich nur nicht-biber leute, die wissen nämlich meines erachtens schon wie sie ihren weg gehen wollen.
Sprache ist in diesem land (wie in jedem anderen gastland auch) so das einzige mittel, das anerkennung bringen kann. Außer man hat noch außersprachliche talente die man unter beweis stellen kann und vermag.
Aber wieso akzentfrei reden? ich finde manchen leuten steht der akzent beim reden so gut, dass es beinahe sexy wirkt....;)

Hey Leute, auch wenn ihr meint ihr könnt nicht gut genug sprechen, so gibt nicht auf, denn man kann nie auslernen - dazulernen hingegen schon. Und das sogar bis zum tode. Irgendwo muss man anfangen, auch wenn s mal falsch ist, so kann man sich korrigieren lassen. Ein Ziel sollte man sich setzten und dann den stets in Erinnerung rufen um nicht auf dem Halben weg kehrt zu machen.

Auch ich lass es zu, dass meine Kommunikationspartner mich korrigieren dürfen, ohne dass ich gleich deswegen eingeschnappt reagiere. Denn dann werd ich beim nächsten gleichen gesprächsstoff daran denken und mich richtig ausdrücken können. D.h. ich habe dann dazugelernt....

Da fällt mir grad ein Zitat ein: "Man kann nicht nicht-kommunizieren" P.Watzlawick

 

ej gutes zitat. das is so das wichtigste was man in den einführungsvorlesungen an der publizistik gesagt bekommt."die grenze deiner sprache, ist die grenze deiner welt" :))
was akzent angeht.man glaubt es kaum...aber ich habs mir in wien erst angewöhnt mit rollendem RRR zu reden, weil ich keinen bock mehr aufs verstellen hatte.wenn man das R absichtlich verschluckt,fühlt man sich irgendwie fremd.bin aber noch in der lage im kärntner dialekt zu reden...was aber lange zeit gedauert hat, weil ich mich bis zur HAK geweigert hab und nur hochdeutsch geredet hab.die dachten alle, dass ich deutsche bin...und statt jugo kam ab und zu piefke :))

 

oh ja, das kommt mir bekannt vor!
-bist du deutsche?
-nein mann, das liegt an RTL, PRO7 und daran, dass ich tschuschin mit enormen integrations willen bin!

 

wieso stufen die leute eigentlich migranten, die sehr gute deutschkenntnisse haben, entweder gleich als piefke oder als türkIn/tschuchIn ein ?:)

Selten hören wir anderes. Als gäbe es außer türken und tschuschen keine Ausländer mehr. Lenken wir deren aufmerksamkeit auf uns, weil wir so toll sind? oder weil sie uns nicht ausstehen können weil wir so toll sind? hahhahaha

 

weil wir so toll sind, natürlich.

außerdem gibt es eben eine schöne menge von uns.

 

...wenn ich immer wieder gefragt werde: Wie kommt es dass du so akzentfrei sprichst?? *große Augen*
hallo, ich bin hier geboren, in den Kindergarten gegangen,Volksschule,8 jahre Gym - irgendwann ist es mir wohl doch gelungen ;)
egal, ob du hier geboren bist und den österreischen Pass hast oder nicht: Sind die Eltern "tschuschn" oder "tirkn", bist dus automatisch auch und es ist ein Wunder wenn du der deutschen Sprache mächtig bist...

 

geh oida host eh den ur tschuschen akzent oida....

red kan schas do herst

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

19 + 1 =
Bitte löse die Rechnung