Der Exorzist aus Liesing

01. März 2012

 

Auch der Islam kennt feindseelige Geister und tapfere Exorzisten, die sie austreiben. Einer der brühmtesten Heiler ist der Wiener Mohamed Farag, zu dem Besessene aus ganz Europa pilgern. 

 

 

Der gebürtige Ägypter Mohamed Farag hat einen Beruf und eine Berufung. Der Beruf: Von Montag bis Freitag ist er „Auto Farag“ und verkauft in der Altmannsdorfer Straße im 23. Bezirk Gebrauchtwagen. Dort sitzt er, umgeben von riesigen Plakatwänden und rostigen Zäunen, an seinem Schreibtisch und wartet auf Käufer. Sehr begehrt ist „Auto Farag“ in den kalten Monaten aber nicht. Umso begehrter ist der Exorzist Scheich Farag. Jeden Freitagabend pilgern bis zu 150 Muslime aus ganz Europa zu ihm in eine kleine Wiener Moschee (aus Respekt vor den Patienten Farag's wird der Ort des Moscheevereins nicht genannt). Mit seiner Hilfe wol­len sie ihre bösen Geister loswerden, die im Islam „Djinn“ heißen. Herr farag hilft Beses­senen seit 18 Jahren bei ihrem Kampf gegen diese Djinnen. Das ist seine Berufung. Scheich Farag ist einer der wenigen isla­mischen Exorzisten. Für Einzelsitzungen ist der Andrang in der Moschee mittlerweile zu groß geworden. Herr Farag führt die Ruqya, das heißt „Heilung“, in Gruppen durch. Allein im letzten Jahr seien an die 4000 Personen bei ihm gewesen. 

DIe AustreIbung 

Herr K., ein erfolgreicher Manager aus Exju­goslawien, war ein „Patient“ des Scheichs und erinnert sich an das Ritual: „Mit mir im Raum befanden sich mindestens 60 Män­ner und im Nebenraum ungefähr genauso viele Frauen.“ Wie bei jedem Gebet in der Moschee herrscht auch bei der Ruqya Ge­schlechtertrennung. Scheich Farag ist stets bei den Männern, die Frauen therapiert er über Leinwand und Lautsprecher. „Herr Farag begrüßte jeden Einzeln, dann mussten alle aufstehen, Reihen bilden und die Augen schließen. Dann bläute uns Scheich Farag die wichtigste Regel für die Behandlung ein: Dass er nur das Werkzeug sei und die Heilung selbst immer von Allah komme; dass jeder, der als guter Gläubiger lebe, den Djinn besiegen kann. Eine Sit­zung bei ihm sei noch keine Erfolgsgaran­tie, nachher müsse jeder Einzelne weiter an sich arbeiten und den Islam praktizieren. Scheich Farag fing an, Suren aus dem Ko­ran zu lesen – ungefähr eine Stunde lang. Ab und zu bespritzte er die anwesenden mit Koranwasser, das ist Wasser, über das der Koran gelesen wurde – vergleichbar mit Weihwasser. 

Unbeirrt von den ersten körperlichen Re­aktionen der Besessenen, habe Herr Fa­rag nicht aufgehört, zu  lesen. „Die Leute machten komische Geräusche, ruderten mit den Armen. Andere wurden auch ohnmächtig. Mir kribbelte es anfangs nur in Armen und Füßen“, schildert  K. „dann wurde ich plötzlich ganz schwach, fiel auf die Knie und musste mich übergeben. Dann war ich kurz weggetreten.“ als K. aufwachte fühlte er sich irgendwie anders – erleichtert und zufrieden. 

DIe Symptome 

Scheich Farag erinnert sich gut an Herrn K. „Er hatte kleine gerötete Augen, das kann ein Anzeichen für ein Djinn­-Pro­blem sein.“ Woran kann man einen Djinn noch erkennen? „an Verfolgungswahn, an Stimmen, die sie hören, an Träumen über Schlangen, Ungeziefer, Hunde und Raubtiere.“ Sogar für Kinderlosigkeit und Epilepsie könnten Djinnen verantwortlich sein, ist der Scheich überzeugt. „Sie sitzen im Hirn und kontrollieren von dort aus den Menschen – schaden denen, die sie beherrschen.“ Im Islam ist die Existenz von Djinnen un­bestritten. Im Koran und etlichen Hadithe, den Überlieferungen des Propheten, wer­den die Djinnen als Wesen beschrieben, die aus feuerlosem Rauch erschaffen wurden und in einer Art Parallelwelt leben. Meist funktioniert das Zusammenleben friedlich. Manche Djinnen, so heißt es, brechen aber die Regeln, werden böse und suchen die Menschen heim. Wie sehr sie dem Menschen wirklich schaden können, darüber scheiden sich die Geister der Ge­lehrten (siehe Interview)

Herr K., glaubte zunächst nicht an Djinnen. Er war glücklich verheiratet, Vater eines Kindes, beruflich erfolgreich, baute ein Haus. Sein Leben war perfekt, bis die Träume kamen, in denen er immer mit demselben Dämon rang: Einem Un­geziefer mit Schwertern statt Händen, das ihn in den Rücken stach und sagte: „Du gehörst jetzt mir!“ Tagsüber sei er gereizt gewesen und habe ständig mit seiner Frau gestritten und seine Kinder angeschrien. K. war sicher, er sei besessen. über Um­wege erfuhr er von Scheich Farag. Am nächsten Freitag stand der bis dato nicht praktizierende Moslem bei Scheich Fa­rag auf dem Teppich, ließ sich behandeln – und schlief, wie er erzählt, die Nacht darauf seit Langem wieder friedlich ein. 

Er ging weiter zu Herrn Farag und prak­tizierte den Islam. So habe er den Djinn besiegt, sagt Herr K., der Scheich Farag seither jeden Freitagabend assistiert. 

Der ChIrurg 

Dr. Mohamed Salama ist Oberarzt im AKH und ein weltweit bekannter Experte für Lungentransplantationen. Mit Scheich Farags Heilungsmethoden ist er vertraut: Eine Ex­freundin sei etliche Jahre in psy­chiatrischer Behandlung gewesen, weil sie Stimmen hörte und sich „von Menschen im Raum“ verfolgt fühlte. Die Erfolge blie­ben aus. Erst als sie sich von Scheich Farag behandeln ließ, erzählt der Oberarzt, fühl­te sie sich besser. 

 

Als Forscher und gläubiger Muslime befindet sich Sa­lama in einem Zwiespalt: „Ich glaube schon, dass es noch mehr auf der Welt gibt, als die Menschen und das, was ich wahrnehmen kann. Das ganze Univer­sum für die Menschen alleine – das wäre zu groß. Das sagt mir auch meine Religion. Als forscher existiert für mich aber nur, was ich beweisen kann. Genauso geht es mir mit den Djinnen. Ich glaube an ihre Exi­stenz. Aber beweisen lässt sich ihr Einfluss auf die Menschen nicht.“ 

Die Medizin 

Scheich Farag will der klassischen Medizin nicht ins Handwerk pfuschen. „Ich empfehle jedem, der zu mir kommt, zuerst zum Arzt zu gehen. Nicht jeder ist von einem Djinn besessen. Krankheiten, die einen medizinischen Grund haben und Djinn ­Einflüsse sind zwei verschiedene Paar Schuhe.“ Psychische Krankheiten hätten aber oft Djinn-­Ursachen, ist der Scheich überzeugt. „Da werden Medikamente allein nicht weiterhelfen.“ Seine „Medikamente“ beschrän­ken sich auf Olivenöl oder schwarzes Kümmelöl zum Trinken oder Einreiben. Das gibt er den Patienten nach der Ruqya mit. Die heilende Wirkung solcher Öle ist ebenfalls im Koran festgehalten. Ganz zentral seien aber die Verse des Koran: „Die Worte Allahs können die Djinnen nicht ertragen.“ Scheich Farags Behandlung ist kostenlos: „Ich will und darf nichts an der Krankheit anderer verdienen. Das ist laut Koran streng verboten. Es gibt aber viele, die behaupten Heiler zu sein, Schindluder betrei­ben und viel Geld für ihre Leistungen anbieten, die mehr schaden als sie helfen. Was diese Scharlatane machen, hat überhaupt nichts mit der Heilung durch den Koran zu tun“, sagt Farag. „Ich will helfen, dass es den Menschen besser geht.“ Dagegen könne man ja nichts einwenden, glaubt Scheich Farag. „Außerdem tu’ ich auch den Kran­kenkassen Gutes: Ich bin sicher, ich spare ihnen jede Menge Geld“, sagt der Exorzist aus Liesing lachend.

 

Hier geht's zum Interview mit Spezialisten aus dem AKH und einem Imam zum Thema "Djinn"

 

von Muhamend Beganović, Anna Thalhammer

Fotos: Philipp Tomsich & Julia Svinka

Grafik: Daniel Spreitzer

 

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Kommentare

 

kenn ich! Ich wollte einmal dabei sein, wurde mir aber verweigert, da ich nicht moslemin bin und mich, wie man mir sagte, nicht schützen kann.

 

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