Fußball und Klassenkampf - Eine unübliche Betrachtungsweise

17. Mai 2008

Es gibt den rechten und den linken Fußball. Der Fußball der Rechten reproduziert und untermauert die in dieser Gesellschaft gültigen Wertvorstellungen. Es ist die Art von Fußball, bei der nur der Gewinn zählt, und Gewinn heiligt alle Mittel. Gemeint sind nicht nur eine ultradefensive Taktik, Ausdruck von Raffgier und Spekulation, sondern auch die ständigen Verletzungen des Reglements und der Einsatz aller erdenklichen faulen Tricks. Der Trainer sagt dem Spieler, er solle  sich nicht mit dem Präsidenten anlegen und sich nur ja jeder politischen Meinungsäußerung enthalten. Sich anpassen und funktionieren, so hat die Oberschicht auch den Fußballprofi am liebsten. Es ist ihr nur recht, dass auf diese Weise fortwährend Dummköpfe erzeugt werden, nützliche Idioten des Systems. Der Fußball der Linken hingegen ist im Sinne einer Lebensäußerung eine Sache des Talents, bei der die Intelligenz an oberster Stelle steht und der
Sieg soviel taugt, wie die Mittel, mit denen man ihn erringt. Beim Fußball der Linken ist der Spieler ein denkendes Wesen, das Schönheit schafft und sich mit dem Volk solidarisiert, damit der neue Mensch in einer neuen Gesellschaftsordnung entsteht.

Und tatsächlich war und ist der Fußballsport ein Kampffeld zwischen
verschiedenen gesellschaftlichen Kräften. Aktuell etwa gibt es eine
Auseinandersetzung zwischen neoliberaler Kommerzialisierung und
selbstorganisierter Fankultur. In der Fankultur selbst gibt es einerseits rassistische und besonders machistische Elemente, andererseits progressive Elemente der Rebellion und des Widerstands. Fußball verbindet Sportler (und in geringerem Ausmaß auch Sportlerinnen) verschiedener Nationen in der gemeinsamen Tätigkeit;
gleichzeitig benutzt die herrschende Klasse die Bewerbe des Nationalteams zur Schaffung von klassenübergreifender „nationaler  Einheit", zur ideologischen Integration der Lohnabhängigen in die
Nation der jeweiligen KapitalistInnenklasse.

Die Europameisterschaft 2008 bringt diese Widersprüche im Fußballsport deutlich zum Ausdruck. Die Establishments in Österreich und der Schweiz setzen auf Kommerz, Repression und „patriotische Begeisterung". Gleichzeitig gibt es Widerstand von Fanklubs.

Und auch heute sind nicht alle Fußballprofis „nützliche Idioten des Systems". Der italienische Stürmer Christiano Lucarelli ist bekennender Kommunist. Und Ivan Ergic, der serbische Kapitän des FC Basel, sagt: „Marx sah schon vor 150 Jahren die Widersprüche des Kapitalismus, er hat eingesehen, dass Geld die Welt zerstört. Und es zerstört auch den Fussball. Ich möchte kein konformistischer Fussballer sein."

Wie viele Arten der Massenkultur im Kapitalismus ist der Fußballsport ein widersprüchliches, umkämpftes Phänomen. Im Fußballsport findet ein Klassenkampf statt, an dem Millionen Menschen, besonders aus der
ArbeiterInnenklasse, Anteil nehmen. Insofern hat Giovanni Trapattoni,
Trainer diverser Nobelklubs (zuletzt Red Bull Salzburg), in gewisser Weise sogar einmal Recht, wenn er sagt: „Fußball ist Ding, Dang, Dong. Es gibt nicht nur Ding."

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