Gaucho-Affäre: Lasst die Jungs doch tanzen!

16. Juli 2014

Leute, ehrlich? Regen wir uns grad ehrlich über „Gaucho-Gate“ auf? Weil uns fad bis schwül im Schädel ist? Weil wir selbst so despektierliche Respektspersonen abgeben? Oder weil einfach nichts auf der ganzen Welt so viel Spaß macht, wie über Deutsche zu lästern – sogar wenn man selbst einer ist?

Skandal: Die deutschen Kicker feiern!

In Österreich verbreitet sich in den Medien das herrlich herzerwärmende Gefühl endlich ein Haar in der Suppe gefunden zu haben. In Deutschland bekommt die deutsche Glanzleistung auf den allerletzten Drücker einen Schönheitsfehler. Wir hatten es nicht nur geschafft, Gastgeber Brasilien respektlos vom Rasen zu wischen und gleichzeitig als Nation für uns zu gewinnen, wir sind nicht nur verdient Weltmeister geworden, nein, wir haben das Ganze sogar symphatisch (!) vollbracht. Und dann passiert das, aus heiterem Siegerfliegerhimmel.  (FAZ und Co sind pikiert, empört, enttäuscht.) Och nö, aus die Maus mit Ausgelassenheit – Moral und Analyse kehren im Bumerang-Effekt auf die deutsche Tugendordnung zurück.

 

 

Wie können Mario, Klose & Co es wagen? Hättet ihr euch unterm Brandenburgertor nicht ein wenig mehr wie Prof. Dr. Mats Hummels nach 120 Finale-Minuten benehmen können, der selbst mit Pokal in der Hand noch intellektuell und ohne die Mundwinkel zu verziehen daher quatschte? Ehrlich, wie konntet ihr euch wie ungezogene Fußballer-Jungs im Freudenrausch benehmen? Echt ey, die fein-bescheidene deutsche Art ist das nicht. Gegner besiegen ist ja gern gesehen, aber auf Kosten der Besiegten freuen – das tut man doch nicht! Das macht vielleicht der Balotelli oder die "Gauchos“ in Brasilien, aber wir braven Fairplayer doch nicht.

Pustekuchen mit Schlagobers, tun wir doch! Mich erleichtert das ja. Unsere Superfußball-Jungs mit ihren superteuren Sonnenbrillen, ihren Millionen-FB-Fans und ihren Super-Modelfreundinnen sind doch keine Über-Menschen und abgehobenen Vorbildfunktionen ohne Bodenkontakt zum Stinknormalsein. Im Gegenteil, sie haben sich tatsächlich aufgeführt wie Fußballer im Siegesglück. Und weil Fußball nicht nur eine Friedensbewegung, ein Wirtschaftskalkül und Politikum ist, sondern auch irgendwo ein Kampfsport, sei wohl ein bisserl Schadenfreude und Seitenhiebgeschunkel bei der Siegesfeier erlaubt. Ne ehrlich, dieses künstliche Aufgerege macht doch keinen Spaß. Sollen die Gauchos halt im September beim Länderspiel gewinnen – die Choreographie zum Tanzvideo kennen sie dann ja.

 

Foto: Zhang Fan / Action Press / picturedesk.com

Kommentare

 

Lustig, wie Medien versuchen von der WM zu profitieren, indem sie sie künstlich am Leben erhalten...

 
… Man weiß, dass jeder seinen Senf dazu abgeben wird, also bauscht man etwas zu einem Riesenskandal auf - anders kann ich mir die Unmengen an Kommentaren dazu nicht erklären. Hätten FAZ & Co nicht damit angefangen sich zu empören und hätten andere Medien nicht gefolgt sich über die Empörung zu empören, wäre der Tanz einfach nur das geblieben, was er ist: ein weniger oder weniger gelungener Versuch der Nationalmannschaft witzig zu sein, dem man keine weitere Aufmerksamkeit schenken braucht.

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