Grenzenlos realistisch

03. März 2016

 Österreich und eine Koalition der willigen Staaten machen die Balkanroute dicht. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) über die neue Rolle Wiens in Europa, Hilfe für Griechenland und warum ihn die Lage in Syrien „total“ deprimiert.

Von Suzana Knezevic

 

Sebastian Kurz
Foto: ÖVP

 

BIBER: Durch die österreichische Initiative kommen immer weniger Flüchtlinge über die Balkanroute. Wird Europas Flüchtlingspolitik jetzt in Wien gemacht?

SEBASTIAN KURZ: Unser Ziel bleibt eine europäische Lösung und wir tun insbesondere bei den EU-Sitzungen in Brüssel alles dafür, dass sie auch kommt. Aber solange sie nicht da ist, müssen wir nationale und regionale Maßnahmen setzen. Wir haben ein klares Signal gesendet, dass der Zustrom reduziert werden muss. Die Staaten des Westbalkans helfen uns dabei.

 

In Griechenland werden bald zehntausende Flüchtlinge sein, die nicht weiter ziehen können. Was sollen die Griechen mit diesen Menschen machen?

Griechenland hat bisher das schnelle Weiterwinken nach Mitteleuropa perfektioniert und europäische Hilfe nur zögerlich angenommen. Nun steigt der europäische Druck auf die Griechen. Griechenland kann die Flüchtlingskrise natürlich nicht alleine bewältigen. Europa wird daher Hilfe leisten müssen - beim Schutz der Grenze und bei der Versorgung der Flüchtlinge.

 

Die furchtbare Lage in Syrien beherrscht die Medien. Deprimiert Sie das?

Ja total. Ich bin froh, dass Österreich die humanitäre Hilfe vor allem in Syrien, Irak, Libanon und Jordanien vervierfachen konnte. Es ist effizienter, den Menschen vor Ort zu helfen. Um einen Flüchtling ein Jahr in Österreich zu versorgen, können wir mit den gleichen Mitteln 19 Flüchtlingen in der Türkei helfen.

 

Es gibt Leute, die stellen Sie aufgrund Ihrer restriktiven Flüchtlingspolitik und Obergrenzen für Asylwerber auf eine Stufe mit FPÖ-Chef Strache, andere wiederum hätten viel früher Taten erwartet. Was ist Ihre Sicht?

Ich bin in dieser Frage weder rechts noch links, sondern einfach realistisch. Ich schätze Österreichs Vielfalt und ich kämpfe für Integration. Aber ein Staat darf sich nicht aufgeben, wenn er überfordert wird.  

 

„Der Weg Bosniens in die EU wird ein langer sein,“ haben Sie in Sarajevo gemeint. 

Aufgrund der schwierigen politischen Struktur ist es in Bosnien schwieriger, Reformen durchzusetzen. Das Tempo ist bei anderen Staaten schneller. Zum Beispiel in Serbien. Dort ist die Reformgeschwindigkeit im Moment  höher. Deshalb wurden auch – auf österreichisches Drängen hin – die ersten Kapitel zu den EU-Beitrittsverhandlungen eröffnet. 

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Kommentare

 

Deutschland rief monatelang enthusiastisch in Richtung Orient und Afrika: „Kommt alle her! Ihr seid in Europa so willkommen.“
Und jetzt schmollen die deutschen Jubler und Einlader tief enttäuscht in der Beleidigten-Ecke, weil die meisten Europäer das Spiel nicht mitspielen wollen. Die sagen sich nämlich: „Wer die Musik bestellt hat, der soll sie auch bezahlen. Was geht uns eure Masseneinladung an die Muslime an?“
Die drücken sich völlig zu Recht. Die Ereignisse von Silvester lassen grüssen.

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