Kosovo – Die Rückkehr des Kolonialismus

16. November 2008

Im Rahmen einer Buchpräsentation, welche unlängst in den Räumlichkeiten der Stadtbücherei (Burggasse) stattfand, präsentierte Dr. Hannes Hofbauer, Ost-und Südostexperte sowie Herausgeber des Promedia Verlages sein neues Werk „Kosovo – Die Rückkehr des Kolonialismus“. Geladen waren viele prominente Gäste, wie ein Vertreter der serbischen Botschaft Goran Bradic, Dardan Gashi – Verhandlungsteam Prishtina, Marijana Grandits – ehemalige Stabilitätspaktmitarbeiterin, sowie Elisa Vaas, welche die Moderation des Abends leitete.

Eröffnet wurde die Präsentation durch den Autor selbst, welcher neben einer kurzen Zusammenfassung zwei zentrale Thesen seines Buches besonders hervorhebte, nämlich das nach der Unabhängigkeit des Kosovo die europäische Nachkriegsordnung endgültig gescheitert ist und weiters, dass es sich beim jüngsten Staat der Welt um eine kolonial-überwachte (EU, Nato, USA) Unabhängigkeit handelt, welche früher oder später zum Scheitern verurteilt ist. Er beginnt mit drei Epochen der Geschichte und erwähnt in diesem Hinblick die Zeit der Osmanen, die Tito-Hodscha Ära sowie die Zerstörung Jugoslawiens als dritte und letzte Epoche, quasi als tiefgründige Ursachen des Kosovoproblems.

(v.L. n.R.: Goran Bradic, Hannes Hofbauer, Elisa Vaas, Marijana Grandits und Dardan Gashi)

Er erwähnt, dass das Selbstbestimmungsrecht, auf welches sich Anfang der 90er Jahre auch Slowenien, Kroatien und Bosnien-Herzegowina berufen haben, auch im Kosovo angewandt wurde.
Und führt weiters an, dass „was im März 1999 militärisch begonnen hat, am 17. Februar 2008 politisch beendet wurde und dies an eine überwachte Selbstständigkeit und koloniale Verwaltungsstrukturen wie wir sie aus Bosnien-Herzegowina nach dem Dayton-Abkommen von 1995 kennen, erinnert.“

Es ist zudem somit kein Zufall, dass „Camp Bondsteel mit etwa 20.000 Soldaten der größte US-Stützpunkt außerhalb der USA ist, sich im Kosovo befindet. Das beispielsweise die Kosovohymne, die Flagge oder das Parlament Kreationen der USA sind, zeigt auch deutlich wie weit diese Strukturen gehen.

Eine anschließende Diskussion ermöglichte sowohl, dass das Publikum als auch die Podiumsgäste zum offenen Meinungsaustausch kommen und Fragen zu den jeweiligen Statements oder zum Buch selbst stellen konnten.  Einige höchst spannende Statements:
Dardan Gashi verleihte während der Diskussion einen verwunderten Ausdruck auf die zentralen Aussagen des Autors und meinte, dass im Kosovo keineswegs von einer Rückkehr des Kolonialismus oder einer Fremdbeherrschung die Rede sein kann und führte weiters an, „dass diese Sichtweise blos ein Märchen der österreichsichen Linken“ darstellt.

Goran Bradic, beschäftigte sich andererseits mit der Tatsache des Selbstbestimmungsrechts, welches aus seiner Sicht nur die Teilrepubliken der SFRJ besaßen. Nach seinem Zugeständnis der Vergangenheitsfehler von Slobodan Milosevic gegenüber den Albanern in der Region, sieht er jedoch ein Vergehen bezüglich der UN-Resolution 1244, welche Serbien Integrität und Souveränität bezüglich der Kosovoprovinz zusicherte. Die kosovarische Unabhängigkeit sieht er als Sieg eines schmutzigen Medienkrieges und als Unrecht, über welches der kürzlich seitens Serbien eingeschaltete Internationale Strafgerichtshof letztendlich entscheiden soll.

(Marijana Grandits bitte lächeln für Biber)

Marijana Grandits beschäftigte sich indes mit der dritten Epoche, welche der Autor anfangs erwähnte und sieht die Schuld für den Zerfall YU´s nicht beim Ausland, sondern ausdrücklich in der von Tito verfehlten Geschichtsaufarbeitung und untermauerte ihre Argumentation mit der Tatsache, dass damals „Alle Anderen schlecht waren, nur die Partisanen jedoch die Guten darstellten.“  Weiters ist die Minderheitenvertreterin der burgenländer Kroaten der Auffassung, dass alle ex-Yu Nationalismen durch das Phänomen Milosevic entfacht wurden. Bezüglich Kosovo sieht sie kein Zurück mehr, denn 52. Staaten haben diese Provinz/Republik anerkannt. Über mögliche Kolonialisierung äußerte sich Grandits nicht, betonte jedoch, dass die Lösung aller ex-YU-Probleme in einem raschen EU-Beitritt liege.
Umso suspekter erschien daraufhin das Kommentar ihres Sitznachbarn Dardan Gashi, welcher daraufhin meinte: „wir müssen schauen wie wir getrennt bleiben.“
Wenn die EU tatsächlich die Lösung und das Ziel (aller) der Balkanländer ist, warum hat man dann die Friedensinitiative „gemeinsam – statt einsam“ nicht verstanden? Und ist die EU überhaupt fähig diese Probleme zu lösen? Wäre dies nicht zu einfach und naiv?
Je länger die Diskussion andauerte, desto explosiver wurde sie, was teils zu einigen peinlichen Aussagen führte:
„Die wirklichen Probleme sind doch viel größer als solche minimalen Sachen wie das Kosovo“, meinte etwa Grandits bei einer Gelegenheit.
Eine sehr seltsame Sichtweise, welche die ehemalige Grünenfunktionärin Grandits von sich gab, vor allem deshalb, weil dieser Abend genau der Kosovoproblematik gewidmet war?!?

Alles in allem war es ein sehr aufschlussreicher Abend, zumindest für mich und Emina. Bei so einem wichtigen Thema sind wir natürlich für Biber dabei, keine Frage..

Übrigens, so sieht das Buch aus. Vielleicht hat ja jemand Lust sich näher mit der Thematik zu beschäftigen. Ich habs bereits gelesen und kann es nur empfehlen.

 

Kommentare

 

wenn du es zaus hast, kannst es mir ja vorbeibringen am montag, alder!

 

Nema problema...mach ich stari.

 

Naja Bosnien ist auch eine Kolonie.

Dort hat der Repressetant der UN fast so viel Macht wie der Car in Russland.

 

Das ist korrekt...der Hohe Repräsentant hat in Bosnien-Herzegowina bezüglich allen wichtigen Angelegenheiten das letzte manchmal auch das erste und das letzte Wort.

Ich glaube im Kosovo gibt es jetzt sogar zwei oder so. Bei solchen Strukturen dann (wie Dardan Gashi) zu behaupten, dass Kosovo keine kolonialen Strukturen bzw. imperialen Strukturen aufweist ist doch lächerlich oder?

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