Österreichische Schule in Albanien: Wo die zukünftigen IT-Fachkräfte ausgebildet werden.

07. Dezember 2022

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Von Aleksandra Tulej 

 

Die Schülerinnen Edona, Ersi, Iris und Egi präsentieren in der Sporthalle ihrer Schule ihre Diplomarbeit: Sie haben eine Website für das Theater in Shkodra programmiert. Nachdem sie dieses Jahr mit der Schule fertig werden, wollen die vier aber nicht in Albanien bleiben – ihr Wunsch ist es, in Österreich zu studieren. Weil es dort eben mehr Möglichkeiten gibt, sind sich die Schüler:innen einig. Ihre Mitschüler Mateo, Benjamin und Lerian haben als Abschlussarbeit eine Reihe von virtuellen Maschinen erstellt, die Laborübungen im Unterricht erleichtern sollen. Auch die Jungs können sich eher vorstellen, nach dem Abschluss nach Österreich oder Deutschland zu ziehen. Perfekt Deutsch sprechen sie alle – und das, obwohl sie bis vor fünf Jahren noch keinerlei Berührungspunkte mit der Sprache hatten. Die meisten der Schüler:innen der HTL „Peter Mahringer“ stammen aus albanischen Familien. 

 

Zwei Abschlüsse in einem

Die HTL „Peter Mahringer“ ist eine österreichische Auslandsschule in der nordalbanischen Stadt Shkodra, etwa zwei Autostunden von der Hauptstadt Tirana entfernt. Die Schule gibt es seit 2008. An dieser HTL werden knapp 500 Schüler:innen von 24 albanischen und 23 österreichischen Lehrkräften unterrichtet – auf Deutsch. Zusätzlich zum „normalen“ Unterrichtsprogramm gibt es hier Fächer wie Web-Development, Verschlüsselung, Netzwerktechnik, Medientechnik und Systemtechnik. Wer die Schule abschließt, hat gleichzeitig die albanische Matura und einen der österreichischen Matura gleichgestellten Abschluss in der Tasche. Unterrichtet wird nach einem adaptierten österreichischen Lehrplan. 

Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums der HTL in Shkodra besuchte der österreichische Bildungsminister Martin Polaschek Anfang November mit einer Delegation von Wirtschaftsvertreter:innen und Medien, darunter auch biber, die Schule. 

„Eine praxisnahe Berufsausbildung ist für die Fachkräftesicherung im IT-Bereich besonders wichtig. Die HTL Shkodra leistet dazu einen wichtigen Beitrag. Umso erfreulicher ist es, dass wir unsere Kooperation mit der HTL vertiefen können. Das schafft eine Win-Win-Situation für die jungen albanischen Fachkräfte und auch für die Unternehmen: Die einen bekommen eine hervorragende berufliche Perspektive, die anderen bekommen motivierte, topausgebildete junge Fachkräfte“, so Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKÖ.

 

Auslandsschulen sollen in eine neue Richtung gehen

Rund 80 % der Absolvent:innen der HTL Shkodra gehen nach der Matura ins Ausland, meist nach Österreich, Deutschland oder in die Schweiz, so Schuldirektor Thomas Douschan. Das trifft sich gut, denn in Österreich mangelt es immerhin gerade an rund 24.000 IT-Fachkräften. Viele verlassen Albanien nach ihrem Abschluss, aber nicht alle: Juli, eine Absolventin der Schule, ist geblieben. Sie arbeitet für eine Wiener Softwareentwicklungsfirma mit Sitz in Shkodra. „Ganz ehrlich, wir haben hier, neben dem Fachlichen, viel Disziplin gelernt. Dass Zuspätkommen ein No-Go ist, und vor allem haben wir eben Deutsch gelernt.“ Da die Hälfte des Lehrpersonals kein Albanisch spricht, ist ihnen nichts anderes übriggeblieben, als schnell Deutsch zu lernen, so die Absolventin.

Warum sie ihre Eltern auf eine österreichische Schule geschickt haben? Vor allem, weil das fachspezifische Angebot stärker war, als in albanischen Schulen – und die Schule ihr somit mehr Möglichkeiten für die Zukunft bietet. Das Schulgeld beträgt übrigens umgerechnet 900 € im Jahr – das monatliche Durchschnittseinkommen in Albanien beträgt etwa 380 €. Trotzdem betont Bildungsminister Polaschek, dass diese Auslandsschulen keine Schulen ausschließlich für Diplomatenkinder seien. 80 Schüler:innen der HTL „Peter Mahringer“ erhalten Stipendien vom albanischen Staat. Die HTL in Shkodra ist eine von weltweit acht österreichischen Auslandsschulen. Die anderen Standorte liegen in Budapest (hier gibt es zwei Auslandsschulen), Prag, Liechtenstein, Istanbul, Mexico City und Guatemala City. Es handelt sich hierbei um Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht. Den Großteil der Personalkosten an diesen Schulen übernimmt Österreich. In Zukunft sollen Standorte „in Absprache mit den Zielländern“, etwa im Westen des Balkans, entstehen. Man wolle die österreichischen Auslandsschulen in eine neue Richtung entwickeln, deshalb hat Bildungsminister Polaschek kürzlich den „entsprechenden Auftrag erteilt, neue Standorte zu prüfen.“ ●


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Was sind österreichische Auslandsschulen?

Schulen außerhalb Österreichs, an denen nach dem österreichischen Lehrplan in Kombination mit Adaptierungen an den Lehrplan des jeweiligen Gastlandes unterrichtet wird.

 

Wer besucht die Auslandsschulen?

Derzeit besuchen ca. 3.300 Schüler:innen weltweit diese Schulen. Vor allem sind es Kinder und Jugendliche, für die die Unterrichtssprache Deutsch zugleich eine Fremdsprache ist. Die Abschlusszeugnisse sind sowohl im jeweiligen Gastland als auch in Österreich anerkannt.

Wie viel kostet der Schulbesuch?

Es handelt sich hier um Privatschulen mit Öffentlichkeitsrecht. Das Schulgeld ist je nach Land unterschiedlich. Mehr Infos findet ihr auf www.bmbwf.gv.at

 

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