Von Skopje bis Wien - wo ich nicht wilkommen bin!

21. März 2012

10 Monate habe ich meine Heimatstadt nicht besucht. Die Taxifahrt vom Flugahafen Skopje bis zu meinem Heim, kam mir wie ein Erlebnis vor - und das obwohl ich die Strecke zig Mal gefahren bin. Der Taxifahrer versuchte vergebens mich anzuquatschen. "Wie ist es drüben in Österreich" fragte der Taxler. Kaum war ich eine Minute im Land und schon fühlte ich mich als Gast in meiner eigenen Heimat. In dem Moment war ich aber mit den Gedanken nicht anwesend und absorbierte seine Worte nur, ohne darüber nachzudenken.

 

Skopje

Die Tage darauf wurde mir die Frage, die Frage die ich so hasse, mindestens 30 Mal gestellt. Meine Nachbarn und Nachbarinnen wollten es genauso sehr wissen wie der Besitzer eines Mini Markets, dessen Stammkunden ich bin. "Wie ist es nun drüber in Österreich?" Wie soll es sein? Wir fliegen nicht in Jet-Autos, haben keine Elefanten als Haustiere und essen nicht vergoldetes Brot. Wir haben keine Bäume, auf denen Geld wächst und schlafen nicht den ganzen Tag. Wir atmen keinen Luxus-Sauerstoff und leben in keine Utopie. Wir arbeiten, werden schlecht bezahlt, machen uns Sorgen über finanzielle Lagen, essen chemisch geänderte Nahrung, leben in viereckigen, kleinen Wohnungen und gehen Straßen auf und ab, die voll mit Hundenkot sind. Das alles möchte ich jedes Mal sagen, aber stattdessen sage ich einfach nur "ganz gut" bzw. "ganz okay". Ihre Enttäuschung kann ich ihnen in den Augen lesen. Sie haben Geschichten erwartet über Sportautos und tolle Jobs, naja zumindest eine Geschichte über mein Leben hier in Wien, aber bekamen nur 2 Wörter zu hören. Was sollte ich den sonst tun? Wie habe ich mit jemanden zu reden, der mich nicht als Nachbar sieht, sondern als Gast in seiner Nachbarschaft. Ich habe mit ihren Kinder die Straßen unsicher gemacht, einem Nachbar habe ich die Fensterscheibe als Kind eingeschlage (beim Basketball spielen), bei anderen habe ich gespeist oder Tee getrunken. Einst war ich einer von denen. Keiner wollte wissen wie meine Reise war oder ob ich von der Grippe Welle, die in Skopje herrschte, erwischt wurde. Als es einen Tag lang keinen Strom gab, sprach mich niemand darauf an, unter sich jedoch wurden dutzende Verschwörungstheorien über den fehlenden Strom ausgetauscht. Nein, ich war nicht von dort, gehörte nicht ganz hin. Die Frage "wann gehst du wieder" wurde mir 4 mal gestellt, jedes Mal mit einem freundlichen Lächeln.

 

Wien

Seit Sonntag bin ich wieder in Wien. Knapp einen Monat hatte ich in Skopje verbracht und hatte mich der bosniakischen Sprache gewöhnt. In Wien angekommen sprach ich den Zollbeamten auf mazedonisch an, den Taxler auf bosniakisch. Er verstand mich sogar, denn selber stammte er aus Njegotin, Serbien. Mein Deutsch-Modus war ausgeschalten und brauchte ein wenig um zu laden. Wien ist die Stadt meiner Wahl. In Favoriten fühle ich mich wohl, hier fühle ich mich wie zu Hause. Das soll aber nicht heißen, dass ich auch wilkommen bin. Nein, mit der Ausnahme von meinen beiden Schwester, die hier leben und einer Handvoll Freunden, möchte mich Wien nicht haben. Jedes Jahr verlängere ich meinen Visum. Jedes Jahr betrete ich ein gelbes, überfülltes Zimmer und warte bis meine Nummer aufgerufen wird. Danch sehe ich einer Sachbearbeiterin in die Augen und bettle um meine Zukunft. Ständig höre und lese ich Slogans wie "Integration" und "Deutsch lernen", aber nur die die betroffen sind bzw. die jenigen, die jährlich ihre Aufenthaltserlaubnisse verlängern müssen, kennen die Schwere dieser Wörter und dass gute Deutschkenntnisse und eine gute Ausbildung oft sowas von wurscht sind.

 

Ich bin keiner der heimatslos ist, ich bin einer der zwei Länder seine Heimat nennt. Scheiße ist nur, dass ich weder in Mazedonien noch in Österreich ganz zu Hause oder wilkommen bin. Und das ist der Grund warum ich NIE die Wehr- oder Zivildienst in Österreich absolvieren werde. Das ist der Grund warum ich mich vor meinen Nachbarn in Skopje verstecke. Das ist der Grund warum ich das hier schreibe.

 

Kommentare

 

Bla. Bla!

 

"Vorurteile, die meistens auch stimmen" ? Hast sicher auch kein Problem damit, wenn man aufgrund deines Namens dir gegenüber Vorurteile hat, stimmts?

Also ein österreichischer Name schützt vor Vorurteilen? Die Forderung sich österr. Namen zu bedienen um Rassimus zu entgehen ist doch lächerlich. Sollte man als nächstes seine Haut bleichen und Haare blondieren, um nicht diskriminiert zu werden??

 

 

Was redest du bloß von Hautbleichung und Haareblondieren?


 


Wieviele Deutschösterreicher kennst du denn mit blonden Haaren? Ich sehr wenige. Selbst die "deutschen" Blauen sind meist genauso dunkel wie ein Mugel :D


 


Bitte sei doch nicht so klischeehaft.


 


Und nein, ich habe keine Schwierigkeiten damit, wenn man Vorurteile wegen meines Namens hat. Jeder hat Vorurteile, bewusst oder unbewusst. Und deswegen muß ich mich nicht gleich selbst bemitleiden und wegköpfeln.

 

du nicht aber wir müssen das. wir haben keine andere wahl. wir müssen uns bemitleiden.

 

In der Opferrolle lebt es sich eben am leichtesten.

 

und wie. wir leben in saus und braus. es ist wie die skiwoche in der unterstufe in der endlosschleife!

wir machen jede woche opferpartys. kannst ja mal mitkommen und dich informieren. es sind alle eingeladen mitzumachen.

 

Das glaube ich dir sogar :-) Und bei diesen Opferpartys tauscht man sich darüber aus, wer heute wieder am ausländerfeindlichsten behandelt wurde. Und dann geht man zum nächsten MHP- oder AKP-Wahlbüro und weint sich darüber aus, wie gemein nicht die Österreicher seien, weil sie verlangen, daß man Österreich nicht scheiße findet, wenn man hier lebt.

 

wow es klingt so als wärst du schon mal bei so einer party gewesen! alles stimmt (ich schreibe diesen kommentar sogar grad an einem computer in einem mhp büro)!!!!!!!

 

Das glaube ich leider auch. Hoffentlich stehen morgen nicht schon Graue Wölfe vor meiner Haustüre.

 

um himmels willen, hast du wirklich so wenig sinn für sarkasmus? ich trolle doch nur ein bisschen rum

ich bin weder türke (auch kein kurde), noch fühle ich mich in irgendeiner opferrolle. und ich war noch nicht mal in der nähe eines mhp oder akp büros.

 

Wenn du weder Türke noch Kurde bist und dich "Ali_Cem_Deniz" nennst, bist du wohl ein Deutschösterreicher, der türkisch gelernt hat, grün wählt und am liebsten Türke, und nicht ein grindiger Schwabo, wäre :D Und alle Türken voll geil findet, während er sich seiner eigenen Leute schämt.


 


PS: Grün zu wählen ist kein Vorwurf (im Gegenteile), das andere schon.

 

haha, leider komplett falsch :) Das kommt davon, wenn man in Schubladen denkt.

 

Ich liebe Schubladen.

 

ach mein lieber srpski, ich empfehle dir mal ein bisschen zu versuchen durch das leben zu gehen ohne leuten irgendwelche nationalitäten  zuzschreiben.

übrigens deutschösterreicher ist ein sehr problematischer begriff, aber ich bin kein deutschösterreicher und kein grindiger schwabo, ich wähle auch nicht grün

 

dann wählst halt kpö oder lif...

 

streng dich noch ein bisschen an

 

wahrscheinlich SPÖ oder SLP :-)

 

ich hab dir nur nach deiner "Logik" geantwortet, nämlich seine Herkunft versuchen zu vertuschen, um sich vor Vorurteilen zu schützen.

 

Du brauchst deine Herkunft ja nicht zu vertuschen (mache ich ja auch nicht).


 


Aber deshalb kann ich mich trotzdem als Österreicher fühlen und muß nicht wie die ganzen MHP-Proleten mit Aussagen wie "Isch bin schdolzer Türke, Oida" rumrennen.

 

Was genau hat das mit den MHP-Affen jetzt zu tun? Es ging anfangs nur um deine absurde Aussage, Türken wären selbst Schuld an Diskriminierung, weil sie ihre Kinder statt Anton Erdal nennen würden.

 

Es ging nie um Namen wie Erdal oder auch Aslan, die ich persönlich überhaupt nicht schlimm finde und die meisten, egal ob Türken oder sonstwas in Österreich auch nicht. Es geht um andere Namen, bei denen eben gewisse Vorurteile mitschwingen, über die man sich dann nicht wundern darf.


Ich sage ja nicht, man soll es verbieten. Man kann seinen Sohn übrigens auch Adolf nennen, wird keiner verbieten. Nur denken halt viele bei einem Adolf nicht gerade an nette Menschen.

 

Hallo Srpski!

Manchmal, wenn ich mich nicht selbst bemitleide (es kommt sehr selten vor), dann lese ich mir deine Kommentare durch und mir gehts danach einfach besser. Aber nicht für lange Zeit, denn wie du ja weißt bin ich wegen meiner Herkunft, meiner Religion, meinem Namen, meinen behaarten Oberarmen, meinen kräuseligen Haaren etc. prädestiniert mich selbst zu bemitleiden. Und bevor es gleich wieder so weit ist und ich mein Gesicht heulend ins nächste Polster drücke, wollte ich schnell was loswerden:

Ist schon unglaublich wie dir Tatsachen auffallen. Beneidenswert! Du kriegst noch einen Nobelpreis.

Ich muss jetzt weg, es fängt schon an...


 

:(

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