Waltz with Bashir

31. Dezember 2008

Tanzende Soldaten
Der Titel des vorliegenden Filmes suggeriert zwar eine neue Version der allseits beliebten Star-Tanzshows, könnte aber nicht weiter von der süffisanten Welt der B-Prominenz entfernt liegen. Waltz with Bashir handelt viel mehr vom israelisch-palästinensischen Konflikt, der dieser Tage einmal mehr einen traurigen Höhepunkt erreicht. Mit einer gewissen hässlichen Ironie wird dem Publikum vor Augen geführt, dass Geschichte eine einzige Wiederholung zu sein scheint. Getanzt wird hier höchstens um Leichenteile.

Waltz with Bashir ist ein in Animationsbildern gefasster, semiautobiografischer Film des Regisseurs Ari Folman, der während des ersten Libanonkrieges als Soldat der israelischen Armee gedient hat. In einer Bar erzählt ein alter Freund Ari von einem wiederkehrenden Albtraum, in welchem er von 26 blutrünstigen Hunden verfolgt wird. Jede Nacht der selbe Traum. Der Grund für den Albtraum scheint für beide Männer klar. Ihre Erlebnisse während des ersten Feldzuges Israels gegen den Libanon in den frühen achziger Jahren. Ari wird jedoch bewusst, dass er keinerlei Erinnerungen über jene dunkle Zeit mehr zu haben scheint. Seine einzigen Gedanken an jenes Kapitel sind immer gleiche Flashbacks, die jedoch mehr Fragen aufwerfen als zu beantworten scheinen. Um diese Antworten jedoch zu finden, begibt sich Ari auf die Suche nach alten Kameraden, um seinem blockierten Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Schritt für Schritt fügt Ari dabei ein Puzzle zusammen, dass in seinen surrealen Bildern Aris Weltbild ins Wanken bringt.

Surrealer Bildersturm
Waltz with Bashir ist in jeder Hinsicht beeindruckend. Der Film versetzt dem Zuseher von Minute eins eine Ohrfeige an visuellen Eindrücken. Atemberaubend. Fesselnd. Die Kombination von Animationsästhetik und des treibenden Soundtracks machen den Film zu einer Freude für Augen und Ohren. Der Kontrast zu den harten (und leider nicht immer den Tatsachen entsprechenden) Bildern der Nachrichtensendungen im Fernsehen, könnte nicht größer sein. Ari Folman bricht mit der Tradition israelischer Filmemacher, die Konflikte und Kriegseindrücke ihrer Heimat durch Dokumentationen kritisch aufzuarbeiten.  Der Film zeigt mit visionären und sich ins Gedächtnis einprägenden Bildern, wie die Kriegsmaschinerie auf beiden Seiten arbeitet und stellt auf beeindruckende Art und Weise das Seelenleben eines traumatisierten Soldaten dar.

Genau an diesem ästhetischen Gewand scheiden sich jedoch die Geister. Vor allem die Darstellung von Krieg und Gewalt mit den Mitteln der Animation, lassen den Krieg nicht selten wie ein cooles Videospiel erscheinen. Darf man Krieg so darstellen? Diese Frage sollte sich jeder selbst beantworten. Der einzige Sprung aus diesem ästhetisierten Universum ist es jedoch, der gerade das gewälte Stilmittel der Animation schlußendlich zur genialen Wahl macht.

Die Abstraktion in die Animationswelt gewinnt der gesamten Kriegsthematik eine neue Facette ab. Vor allem die fast schon psychedelisch anmutenden Traumsequenzen, reminiszieren die wilden 70ies. Wie auch in den Antikriegsfilmen des Hollywood Universums dreht sich alles um einen traumatisierten Hauptcharakter dessen Erinnerung ein perfides Spiel mit ihm spielt. Ironischerweise zieht dies Paralellen zu einem anderen fast schon comichaften Charakter nach sich. Rambo. Stellvertretend für die amerikanische Kriegsveteranen wird seine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit fast schon erzwungen. Folman hingegen setzt sich aktiv mit seiner Vorgeschichte auseinander und muß sich der Frage stellen, wie weit man bei der Verteidigung seiner Heimat gehen darf.

Folmans wichtigste Botschaft lautet Reflexion. Möglicherweise sind die Konfliktparteien mit einer solchen nicht schlecht beraten, um die Ausweglosigkeit ihrer Existenzen zu begreifen. Vieleicht kann man dann irgendwann, statt auf dem Schlachtfeld, sogar auf der Hochzeit des anderen Tanzen.

Kommentare

 

Was auch in der Form produziert wurde, ist der Film Renessaince aus Frankreich

http://www.youtube.com/watch?v=oh7s32XRScQ

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