Der alltägliche Zeitraffer

08. Januar 2016

Na? Du bist nun 25 und deine Oma fragt dich das sechste Jahr hintereinander, wann du endlich heiratest? Du gehst in einen Club und wirst von jüngeren Gästen ratlos angeglotzt?
Dann gehören deine Oma und du auch zu jenen, die mit dem Zeitfluss zu kämpfen haben. Gab es gestern noch TV Total, so werden heute Billa-Einkäufe direkt nach Hause geliefert und ehe man sich versieht ist das Jahr fast wieder vorbei und Donald Trump plötzlich US-Präsident!

"Die Zeit, mein bester Freund und Feind"

Wir müssen es einsehen, die Zeit ist gegen uns. Sie ist unser treuer Begleiter und doch läuft sie uns davon. Mit jedem weiteren Lebensjahr nimmt die subjektiv empfundene Zeit an Geschwindigkeit zu und wir rasen mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Tod. Vielleicht haben wir dann sogar Omas sehnlichsten Wunsch, die Hochzeit, verpasst, weil da noch diese eine Sache war, die wir schnell machen wollten.

Unsere paradoxe Reaktion auf diese "Zeitknappheit" ist, dass wir unseren Alltag mit Aktivitäten vollstopfen, um bloß nichts zu verpassen. Langweile wäre bei so einem "kurzen" Leben reine Zeitverschwendung, denkt man. Doch das Gegenteil ist der Fall, denn diese Panik kommt einer Heißhungerattacke gleich, bei der wir auf Quantität statt Qualität setzen. Man geht vielleicht wieder in denselben Club und leert dieselbe Vodkaflasche mit denselben Freunden, um das selbe Glücksgefühl zu verspüren. Das, meine lieben Leser, ist jedoch Zeit-Junkfood, das unsere psychische (und physische) Lebensspanne weiter verkürzt.

Verhängnisvolle Entscheidungen

Dass diese Trotzreaktion kontraproduktiv ist, liegt daran, dass immer gleiche Abläufe und Erlebnisse in unserer Erinnerung zusammengefasst oder gar ausgelassen werden. Es sind keine prägenden Momente, wenn man zum x-ten Mal das gleiche Land bereist oder am Samstag wieder Bingoabend ist. Man erinnere sich mal an die Kindheit, die Zeit, in der viele Sachen zum ersten Mal erlebt werden durften. Es waren prägnante und aufregende Momente, die unseren damaligen Tag, rückblickend, länger erscheinen lassen. Die Unbekümmertheit und die fehlende Kenntnis, die Uhr zu lesen, waren bestimmt auch Gründe für die großen Zeitreserven, in denen wir sogar richtige Langeweile kennenlernen durften.

Die Uhr, der Feind und Helfer

Wer wieder mehr Zeit haben möchte, schmeißt am besten die Uhr weg. Nur so entwickelt man wieder ein Bewusstsein, mit dem man gedanklich nicht schon bei der nächsten Tätigkeit ist, sondern das Hier und Jetzt auskostet. Am besten mit seinen Liebsten.

 

Blogkategorie: 

Das könnte dich auch interessieren

Foto: Zoe Opratko
Zum Abschied gibt es kein Trompeten­...
Foto: Marko Mestrović
Ob Hijabi-Style, koschere Perücken oder...
Foto: Marko Mestrović
Nicht über die Communitys zu sprechen,...

Anmelden & Mitreden

13 + 7 =
Bitte löse die Rechnung