"Der Bachelor" im Erstcheck - von einem Mann

28. Januar 2016

Wer sich bei „Austrias Next Topmodel“ vor Fremdscham so oft in die Hand gebissen hat, dass sich die Kieferknochen abgenutzt haben, der sollte bei der neuen „Bachelor“-Staffel zuerst einen Kieferorthopäden aufsuchen oder sich mehrere Stofftiere besorgen, denen man den Kopf abbeißen kann.

Leonard, so heißt der neue Kandidat mit Vornamen, das klingt nach einem lauwarmen Spätsommerabend an der Cote d’Azur mit leicht-salziger Meeresbrise. Die Vorstellung ist nicht allzu verkehrt, denn der Harem, in den die Kandidatinnen verfrachtet wurden, liegt in Miami. Der Nachname „Freier“, lässt jedoch nicht viel Interpretationsfreiraum für romantische Abschweifungen.

Nach drei Minuten Vorspann mit eingeblendeten Schlagworten wie „Wer ist die Richtige?“ oder „echte Gefühle“, wird klar, dass RTL seine Zuschauer kennt und seiner Zielgruppe sogar erklären muss, worum es in dieser Sendung gehen soll. Spätestens nachdem das Leitwort „Konkurrenz“ eingespielt wird, weiß jeder: Hier wird es mit harten Bandagen zugehen. Die Spannung wird auch mit der mysteriösen „weißen Rose“ angeschraubt, deren Bedeutung der Zuschauer erst im Laufe der Sendung erfährt. Man merkt, die Verantwortlichen gaben sich in Sachen Innovation besonders viel Mühe.

Dann geht’s endlich los, der Bachelor wird gezeigt und stellt sich als geschiedener Familienvater vor, der aus dem gemeinsamen Haus ausgezogen ist und nun auf der Suche nach einer „neuen Immobilie in Berlin“ ist, um mit seiner neuen Partnerin Kinder zu zeugen. Es folgen ein paar Bilder in seiner Corvette, einem Blabla über Leidenschaft in der Liebe, sowie Aufnahmen mit seinen Eltern, in denen sie über seine Vorzüge erzählen.

Nachdem die Selbstdarstellung ein Ende gefunden hat, werden die 22 Frauen im Schnelldurchgang vorgeführt und man könnte meinen, dass RTL sich viel Mühe gibt, um das Bild der Frau im 21. Jahrhundert realitätsgetreu wiederzugeben: Eine spielt mit ihrem Zippverschluss, die andere lutscht am Lollipop und blickt dabei in die Kamera – ja, so kennt man die Frauenwelt. Die Strategie von Kandidatin Daniela (24) ist es, „einfach so zu bleiben wie sie ist“ und natürlich versucht sie auch „sexy rüberzukommen“.

In den quälenden Minuten, in denen der Gockel seine 22 Hühner vor der Villa empfängt, hätte man sich auch in die Küche stellen und eine Grießnockerlsuppe machen können. Der Ablauf ist immer derselbe, ein schwarzer Geländewagen mit zwei hysterischen Frauen fährt vor und der Bachelor holt eine nach der anderen ab, führt Smalltalk oder äußert sich über ihr Aussehen, um sie dann zum Villeneingang zu begleiten.

Bis auf ein bis zwei Situationen, in denen sich die Frauen beim Gespräch mit Leonard reinpfuschen, war nicht viel Spektakuläres zu sehen. Die Erlösung für den Zuschauer kam dann mit der Verteilung der Rosen und den ersten Tränen unter den ausgeschiedenen Kandidatinnen.

Erwartet euch für nächste Woche keine Rezension, ich werde zur Sendezeit in der Küche stehen und einen großen Topf leckere Grießnockerlsuppe kochen.

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