Die Sache mit den Babyfotos auf Facebook

07. August 2015

Dass Eltern stolz auf ihren Nachwuchs sind, ist kein neues Phänomen.  Dass sie wichtige Momente im Leben des Kindes auf Fotos verewigen, auch nicht.  

 

Peinliche Babyfotos hat wohl jeder 


Immerhin will man sich ja auch später daran erinnern und diese Erinnerungen mit Freunden und Familie teilen. Das war doch immer schon so. Wenn man ins elterliche Fotoalbum blickt, findet so ziemlich jeder Babyfotos von sich darin.  Da gibt es das süße Bild, auf dem das Baby zum ersten Mal das Fläschchen alleine hält. Oder das niedliche Foto, auf es mit dem Lieblingskuscheltier in die Kamera lächelt. Und so weiter. Und so weiter bedeutet in vielen Fällen auch nackte Babyfotos in der Wanne, beim Wickeln oder einfach so glücklich, zufrieden und in voller nackter Pracht irgendwo ausgebreitet. Ich kann doch nicht die Einzige sein, von der es solche Bilder gibt,oder? Bitte. Danke.

 

Schaut her, mein Baby kann schon alleine aufs Töpfchen!
 

Egal nun ob die Fotos der peinlichen oder der noch peinlicheren Sorte angehören, früher waren sie Zuhause in einem Fotoalbum verschlossen und nur für die zugänglich, denen man sie zeigen wollte.  Doch seit einigen Jahren wurden entwickelte Fotos und Fotoalben ja bekanntlich durch Facebook, Instagram und Co. ersetzt. Und da fängt der Spaß an. Oder hört er auf?
 

Frischgebackene Mütter und Väter teilen der Welt per Foto-Postings mit, dass Klein-Sophie schon alleine aufs Töpfchen gehen kann, dass Klein-Ali gestern zum ersten Mal eine Karotte gegessen hat oder per Statusmeldung, dass die arme Klein-Julia gestern nicht schlafen konnte, weil sie Blähungen hatte. 

 

Peinliche E-mail Adressen und andere Jugendsünden
 

Abgesehen davon, dass das alles die meisten Facebook-Freunde, außer Oma, Opa und Großtante wahrscheinlich nur peripher tangiert, ist es irgendwie beängstigend, wie früh man einem kleinen Lebewesen schon einen digitalen Fußabdruck verpasst. Während die meisten von uns sich in der frühen Pubertät mit ihrem ersten peinlichen MSN oder und Myspace-Konto vorsichtig ans Internet herangetapst haben, werden die heutigen Babys schon vor ihrer Geburt im Netz verewigt. 

 

Und genau hier ist der Unterschied. Vielleicht würden wir uns heutzutage nicht mehr HannahMontana_iluvhorses91 auf Internetportalen nennen, die E-mail Adresse spongeboblover_89 ist auch seit Jahren nicht mehr in Verwendung- aber: Als wir sie erstellt haben, war uns das bewusst. Und wenn es aus dem frühen Teenageralter schon Spuren gibt, was passiert erst mit der neuen Generation, die quasi ihr ganzes Leben lang vom Internet begleitet wird?

Und am Anfang unbewusst, weil die Eltern für das Kind diese Spuren hinterlassen.
Dazu fällt mir eine Szene aus dem Zahnarztwartezimmer ein, deren Zeuge ich wurde. Ein kleiner Junge putzt sich im Bad vor der Untersuchung die Zähne. Plötzlich sagt seine Mutter: „Oh warte, wir müssen ein Foto von dir beim Zähneputzen machen." Der Junge daraufhin: „Wieso?“ Die Mutter: „Na damit ich es auch auf Facebook stellen kann, damit alle anderen auch sehen, dass du beim Zahnarzt warst.“  Das Kind nickt beruhigt und sagt: „Achso, ok.“ 

 

Facebook wird älter, die Kinder auch 
 

Schaut mal, ob man jetzt ein oder zwei Babyfotos postet oder doch jeden Tag den genauen Essensplan und Nickerchen-Schedule des Kindes mit all anderen FB-Usern teilt, soll jeder für sich selbst entscheiden. Interessieren tun ständige Babyfotos wahrscheinlich nicht alle, aber wenn jemand übertreibt, gibt es ja immer noch die „Hide from Newsfeed“-Funktion. Ich weiß ehrlich nicht, zu welcher Sorte von Facebook- Eltern ich gehören würde, wenn ich ein Baby hätte. Also wie gesagt, jeder wie er möchte. 

 

Eins sollte man allerdings wirklich bedenken: Kinder werden irgendwann größer. Und das Internet vergisst nicht. Facebook ist elf Jahre alt. Mit elf haben viele Kinder mittlerweile Facebook-Profile. Und dann kommt die Überraschung aus der Vergangenheit. Dann gibt es Fotos von diesen Kids. Nackt als Kleinkind im Garten herumstolzierend, auf Bussi-auf-die-Wange Fotos mit dem Nachbarsmädchen, das jetzt der größte Feind ist oder mit verzogener Miene vor dem Meerschweinchen weglaufend. Oh, und siehe da, Mama hat ihrer Freundin genauestens von den Verdauungsproblemen des Kindes als Einjähriger erzählt.

 

Denkt denn niemand an die Kinder? 

 

Liebe Eltern, solche Fotos und Postings könnten zu Hänseleien und verbalen Angriffen von Gleichaltrigen führen und das könnte den Kindern wirklich auf die Psyche schlagen kann. Außerdem könnte noch viel Schlimmeres passieren, denn das Facebook kein Ort der Privatsphäre ist, dessen sollte sich jeder bewusst sein. Also, seid bitte stolz auf eure Kinder. Zeigt sie uns auch, wenn ihr wollt. Aber bitte, bitte denkt genauer darüber nach, was ihr ins Netz stellt. Es geht hierbei nämlich nicht um euch, sondern um eure Kinder. Und ihre promotet sie auf allen Social-Media-Kanälen.  Ihr wisst schon, denkt-denn-niemand-an-die-Kinder?

 

 

 

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