Fünf Jahre Pariser Klimaabkommen: Wie lange wollen wir noch warten?

04. Dezember 2020

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Fridays For Future Wien
Foto: Franziska Marhold

Klimagerechtigkeits-Blog: Eintrag #3, 04.12.2020

von Klara Butz

2020 ist nicht unser Jahr, alles läuft schief. Österreich hat Corona sichtlich satt. Auf der anderen Seite unserer Erde haben Menschen aber mit noch viel mehr zu kämpfen: Hungersnöte im Jemen, Taifune auf den Philippinen und Hurrikane in Nicaragua. Menschen im Globalen Süden leiden unter den Auswirkungen der Klimakrise und verlieren ihren Lebensraum, weil wir über unsere Verhältnisse leben. Diesen Monat wird das Pariser Klimaabkommen fünf Jahre alt. Einen Grund zu feiern sehe ich hier nicht. Allerdings einen Auftrag.

Vor fünf Jahren diskutierten 196 Nationen auf der 21. Klimakonferenz darüber, auf wieviel Grad Celsius wir die globale Erwärmung beschränken sollen. Sie einigten sich letztendlich auf deutlich unter 2°C Erwärmung. Viele Länder des globalen Südens forderten dabei die Begrenzung auf 1.5°C, weil ihnen bewusst war, dass jedes zusätzliche Zehntel Grad ihre Lebensräume zerstört und somit viele Millionen Menschen mehr ihre Lebensgrundlage verlieren werden. Wenn der Meeresspiegel weiter ansteigt, gehen Inseln unter. Durch die Erderhitzung kommt es zu stärkeren Dürren, aber gleichzeitig auch zu Stürmen und Überschwemmungen. Der Planet ist nicht mehr im Gleichgewicht.

Fridays For Future Wien
Foto: Fridays For Future Wien

Was wäre der große Unterschied zwischen einem 1.5°C- oder 2°C-Ziel im Pariser Klimaabkommen? Bei 1.5 Grad kann das Klima noch einigermaßen im Griff behalten werden. Es wird nicht alles „wie damals“ sein, aber es ist halbwegs kontrollierbar. Bei stärkeren Erwärmungen treten wir nur immer mehr Prozesse los, die sich selbst beschleunigen: Das Meereis schmilzt stärker, der Meeresspiegel steigt höher, der Planet erhitzt sich weiter. Mehr Menschen verlieren ihre Heimat. Aus der Sicht des Globalen Südens war und ist die Diskussion demnach hochmütig, arrogant und ignorant (aus der Sicht von Fridays For Future übrigens auch). Wie gut, dass laut Pariser Klimaabkommen sämtliche Bemühungen getätigt werden sollen, um das 1.5°C-Ziel einzuhalten!

Und wie sieht es heute aus? Die Erde drehte sich seitdem fünfmal um die Sonne, 1825-mal um die eigene Achse und die CO2-Konzentration in der Atmosphäre erhöhte sich weiterhin drastisch. Von Paris-konformen Maßnahmen sind wir weit entfernt. Dieses Abkommen von 2015 scheint in Vergessenheit geraten zu sein. So kommt es mir zumindest vor, wenn wir wieder und wieder mit Politik und Wirtschaft darüber diskutieren, wann denn endlich sinnvolle Maßnahmen gesetzt werden. Sie sichern uns alle zu, dass sie hinter dem Pariser Abkommen stehen und trotzdem wirken sie jedes Mal verwundert, wenn wir nichts Geringeres als das Einhalten dieses Versprechens fordern. Unsere Forderungen sind nicht neu oder radikal - 196 Staaten haben sich darauf geeinigt, diesen Weg zu gehen. Baby, willst du mein Pariser Klimaabkommen sein? Ich verspreche dir die Welt und vernachlässige dich dann bis an das Ende der Menschheit.

Fridays For Future Wien
Foto: Franziska Marhold

Da sind wir nun. Happy Birthday, Pariser Klimaabkommen! Schön, dass es dich gibt. Scheiße, dass dich alle ignorieren wollen. 27 Seiten voller sinnvoller Überlegungen, die einen Meilenstein in der Bewältigung der Klimakrise bedeuten können, wenn sie ernst genommen werden würden.

Nehmen wir diesen Tag zum Anlass, um uns bewusst zu werden: Der Klimavertrag wurde von der Weltpolitik beschlossen. Das 1.5°C-Ziel ist nicht verhandelbar, und es muss die Basis sämtlicher Entscheidungen sein. Mit weniger dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Sobald es wieder möglich ist, müssen wir mit aller Kraft auf die Straße gehen und politische Handlungen einfordern. So viel schulden wir dem Globalen Süden, so viel schulden wir uns selbst. So viel schulden wir den Generationen, die noch kommen.

Klara Butz (23) studiert im Master Meteorologie (Uni Wien) und ist bei Fridays For Future aktiv.

Monatlich erscheint im Biber der Klimagerechtigkeits-Blog von Fridays For Future. Derzeit beuten Industrieländer Entwicklungsländer aus, damit ihre Wirtschaft ständig wächst. Klimagerechtigkeit versteht einen respektvollen Umgang zwischen Mensch, Tier und Natur: Jede*r auf diesem Planeten soll unter denselben Bedingungen leben können, ohne dass die Ressourcen der Erde ausgebeutet werden. Nur so haben auch künftige Generationen eine sichere, lebenswerte Zukunft. Mehr Infos unter: www.fridaysforfuture.at

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