Interview mit WM-Botschafter aus Katar wird nach Skandalaussage abgebrochen

09. November 2022

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ODD ANDERSEN / AFP / picturedesk.com

Seit einigen Tagen kursieren Aufrufe zu dem Boykott der Fußball-WM in Katar im Internet. Menschenrechtsverletzungen, Ausbeutung und homophobe Aussagen vom WM-Botschafter in Katar sind der Ursprung für die Debatte.

Homosexualität „ist ein geistiger Schaden“. So der ehemalige Fußballspieler und WM-Botschafter Khalid Salman aus Katar in einem Interview der ZDF-Doku „Geheimsache Katar“.  In knapp zwei Wochen beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft, bei der vom 20. November bis zum 18. Dezember Katar Gastgeber ist. Das umstrittene Interview wird im Anschluss zu dieser Aussage seitens eines Pressesprechers des WM-Organisationskomitees sofort abgebrochen. Katar wird als Gastgeber der WM dieses Jahres schon seit der Vergabe kritisiert. Der Aufruhr über die Zustände ist groß, aber nicht erst seit gestern. Vor allem im deutschsprachigen Raum gibt es Proteste von Fußball-Fans, Vereinen und Menschen, die die systematischen Menschenrechtsverletzungen des Landes scharf kritisieren.

Der Aufschrei ist groß

Während der Bauarbeiten des Stadions für die WM im Emirat sind nach Angaben des Organisationskomitees offiziell drei Menschen bei Unfällen während der Arbeitszeit ums Leben gekommen. Weitere Todesfälle von Tausenden von Arbeitern sind ebenfalls registriert worden, diese seien allerdings laut dem Organisationskomitee nicht während ihrer Tätigkeit gestorben. Seit Beginn werden vor allem die Infrastruktur und die schlechten Arbeitsbedingungen kritisiert, unter denen die Bauarbeiten stattfanden. „Amnesty International“ wirft privaten Sicherheitsfirmen in Katar vor, am Stadionbau beteiligten MigrantInnen im Land auszubeuten. Amnesty spricht von „teilweise Zwangsarbeit“.

Nun ist die öffentliche Kritik groß: Laut der ZEIT sagte der frühere Nationalspieler Thomas Hitzsperger in einem Gespräch mit der Wochenzeitung: „Die Umstände, unter denen diese WM stattfindet, sind skandalös, das gab es in dieser Form noch nie. Katar hat sich für rund 200 Milliarden Euro das Recht gekauft, vier Wochen Bilder zu senden, die nicht die Lebenswirklichkeit dort widerspiegeln. Es geht dem Land nicht um den Sport, sondern darum, etwas darzustellen, was die Welt sehen möchte, was man aber nicht ist. Dafür mussten sehr viele ausländische Arbeiter sterben, dafür wurden und werden Menschen misshandelt und unterdrückt.“

Fußball-Fans wollen WM boykottieren

Nun wird öffentlich dazu aufgerufen, die Weltmeisterschaft zu boykottieren, indem der Fernseher während der Spiele ausgeschaltet bleibt. Viele Städte und Kneipen kündigten zudem an, auf Public Viewing zu verzichten – die Einschaltquoten sollen so weit wie möglich reduziert werden. Auf der Website von #BoycottQatar2022 wird ebenfalls dazu aufgerufen gegen die FIFA-Politik zu protestieren. Denn dem internationalen Fußballverband wird vorgeworfen, lediglich kommerzielle Ziele zu verfolgen, indem sie durch die WM in Katar neue Perspektiven auf den Märkten der islamischen Regionen erreichen und damit Gebote der politischen und sportlichen Fairness verletzen.

Warum erst jetzt?

Die Kritik wurde bereits bei der Vergabe geäußert, aber wo blieb der aktuelle Aufruhr? Die Weltmeisterschaft startet bereits in weniger als zwei Wochen, ein Boykott spätestens nach den homophoben Aussagen des WM-Botschafters ist stark und wichtig, wird sich allerdings nicht über den europäischen Raum hinweg durchsetzen. Die Wahl von Katar als Land, in dem das Turnier stattfinden soll, ist auch nicht für Europa oder den Kernmarkt gedacht. Vielmehr geht es um die Expansion in andere Länder und Kontinente. Dass Katar menschenverachtende Gesetze hat und immer wieder mit Skandalen über Menschenrechtsverletzungen im Fokus der Öffentlichkeit steht ist nicht neu. Nun stellt sich die Frage: Warum wird erst jetzt die Kritik, die es von Anfang an gab, laut? Denn der Schaden ist mit der Tatsache, dass die WM in Katar stattfinden wird, bereits angerichtet. Ein Boykott seitens der Fußball-Fans setzt zwar ein starkes Zeichen, wird aber vermutlich an dem Erfolg der WM leider nichts ändern. Außerdem war die Doku des ZDFs zwar gut gemeint, dennoch werden die Spiele im Sender übertragen.

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Kommentare

 

Wer hätte gedacht, dass es in dem demokratischen Rechtsstaat Katar nicht mit rechten Dingen zu geht. Ist es wirklich das erste Mal dass man von solchen Sachen hört aus der Region?
(Sarahs Story-Zeit.de)

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