#KüssenimPrückel: "Es muss sich etwas ändern!"

15. Januar 2015

Prückel-Paar

Paar, Homosexuell, Cafe Prückel
Foto: Bereitgestellt

„Es keat oanfach viel mehr gmust!“ gilt im Cafe Prückel nur für heterosexuelle Paare. Unsere Schülerbiber- Redakteurin Anastasia,  eine der berüchtigten Knutscherinnen aus dem Prückel, hat am eigenen Leibe erfahren dürfen, wie mit lesbischen Paaren umgegangen wird – kein Einzelfall sagt die Schülerin. Wir haben mit ihr gesprochen: Eine junge Frau, die für die Rechte der „Andersartigkeit“ kämpft.

von Natalija Stojanovic

 

Hallo Anastasia, ich habe ein paar Fragen an dich.

Wenn du mich fragen willst, wie der Kuss war, lege ich sofort wieder auf! Wieso will das jeder wissen?

Nein Nein, ich würde gerne wissen, wieso ihr euch beschwert habt?

Naja, wir haben uns eigentlich zwei Mal beschwert. Nach dem Kuss wurden wir darauf hingewiesen, dass wir nicht in der Öffentlichkeit „so etwas“ tun sollen. Wir haben uns hingesetzt und wurden eine Stunde lang komplett vom Kellner ignoriert. Am Nebentisch saß ein heterosexuelles Pärchen, bei denen abgeräumt wurde und immer wieder nachgefragt, ob alles passt. Bei uns passierte gar nichts. Als wir dann bezahlen wollten, fragten wir an, ob wir bitte die Geschäftsleitung sprechen könnten. Die Chefin kam und nahm den Kellner in Schutz, er habe sowieso das richtige getan. Sie sagte sogar, dass es eine Anordnung ist, homosexuelle Paare vom Lokal fernzuhalten. Sie sei „angewidert durch diese Andersartigkeit“ und wir sollen doch bitte in den Puff gehen. Sie hat ja mehrmals Homosexuelle aus ihrem Lokal rausgeworfen, wie später bekannt wurde.

 

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Wie hast du dich nach diesem Gespräch gefühlt?

Ich war enttäuscht. Enttäuscht, dass eine öffentliche Person solche Dinge sagt. Da stand für mich und Eva fest, dass wir was unternehmen wollen. Für uns gilt ja nicht einmal der Diskriminierungsschutz. Wäre der Kellner schwul gewesen und wir hätten uns nicht von ihm bedienen lassen wollen, das wäre Diskriminierung gewesen. In unserem Fall nicht, was wir wirklich nicht verstehen konnten. Ich bin Mitglied der aks Wien (Achse kritischer Schüler_innen Wien), Schülervertreterin und Teil des Landesteams. Ich wollte meine Rolle nutzen, um die Aufmerksamkeit auf diese homophobe Aktion zu lenken.

Und das ist dir gelungen! Deine Facebook-Veranstaltung „Kundgebung vor dem Cafe Prückel“ hat über 7 000 Tausend Zusagen und es werden stündlich mehr. Wahnsinn! Hast du dir das erhofft?

Nein, überhaupt nicht! Eva und ich haben ein paar Leute rekrutiert, die uns helfen sollten, 20 bis 30 Leute aus unserem Bekanntenkreis zusammenzukriegen. Ich habe die Veranstaltung um 23.00Uhr erstellt, als ich aufgewacht bin am nächsten Morgen waren es bereits 200 Zusagen. Im 10 Minutentakt wurden es 100 Zusagen mehr. Und jetzt sind es über 7 000. Das hat natürlich für ordentlich mediale Aufmerksamkeit gesorgt. ORF, Standard, alle wollten darüber berichten. In den letzten Tagen habe ich über 50 Interviews gegeben, Fototermine, Radiosendungen – wirklich irre.

Morgen ist die Kundgebung: Was steht auf dem Programm?

Also Eva und ich werden eine Rede halten. Wir haben uns allerdings noch nicht überlegt, was wir genau sagen wollen. Weiteres wird es Musik und Liveauftritte geben,  auch Politiker werden auf der Kundgebung sprechen.

Was glaubst du ist der Grund, dass so viele Menschen sich für eure Geschichte interessieren?

Der Grund ist, dass wir kein Einzelfall sind. Es gibt so viele Menschen, die täglich mit Homophobie und Transphobie konfrontiert werden. Diese Diskriminierung wird nie zum Thema gemacht, weder in Politik noch Medien. Transsexuelle Personen kriegen keinen Arbeitsplatz, schwule Paare werden verprügelt und lesbische Paare mit widerlichen Anmachen degradiert, das passiert täglich. Ich habe etliche E-Mails bekommen, in denen sich Menschen aus der LGBT-Szene bei uns bedanken, dafür das wir an die Öffentlichkeit gegangen sind. Wir müssen uns gegen diese Diskriminierung solidarisieren!

Hast du selbst schon ähnliche Erfahrungen, wie im Cafe Prückel,  gemacht?

Ständig. Als lesbisches Paar muss man sich negative Kommentare, Beschimpfungen, ekelhafte Anmachen und sogar körperliche Übergriffen gefallen lassen. Selbst nach diesem Vorfall kriege ich E-Mails von Männern, die mich um Sex anbetteln. Die verstehen auch nicht, worum es hier geht. Die mediale Aufmerksamkeit hat auch in diesem Zusammenhang viel negative Kritik mit sich gezogen. Standard und Kurier-Foreneinträge mussten entfernt werden, weil homophobe Beleidigungen überhandgenommen haben.  Es ist einfach die traurige Realität, dass LGBT-Personen mit Diskriminierung leben müssen. Das Gesetz schützt uns nicht, wie zum Beispiel Heterosexuelle. Es muss sich einfach etwas ändern.

Welchen Ratschlag gibst du Leuten, die mit Homophobie konfrontiert werden?

Zuerst: Ihr seid nicht allein! Schließt euch zusammen, helft euch gegenseitig. Solidarisierung ist hier ganz wichtig. Und die Politik muss unbedingt etwas tun. Wieso werden wir nicht durch den Diskriminierungsschutz geschützt? Wieso dürfen wir nicht wie normale Menschen heiraten? Ich hoffe, dass dieses Thema nicht so schnell aus der Öffentlichkeit verschwindet wie es gekommen ist. Ich hoffe einfach, dass es ein Anstoß ist für Veränderung. Und ich freue mich schon sehr, morgen den nächsten Schritt zu gehen.

 

Foto: Bereitgestellt

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