Mädels, redet mit euren Vätern

08. Februar 2016

Wenn es um das Thema Männer geht, gibt es unendlich viele Diskussionen. Doch wie viel reden wir als Mädchen über einen und mit einem der wichtigsten Männer unseres Lebens? Die Beziehung Vater-Tochter kann einigermaßen kompliziert sein. Aber das kann man noch verändern.

Wenn ich an meine Freundinnen und ihre Väter denke, kommen meistens drei Arten von Beziehungen vor. Die meistverbreitete ist diejenige, wo unsere Eltern nicht getrennt sind, aber wir als Mädchen alles mit Mama besprechen und der Papa da ist, obwohl wir ihn nicht wirklich wahrnehmen. Die zweite ist, wenn die Mädels sich besser mit dem Vater als mit der Mutter verstehen und die dritte genau das Gegenteil – sie haben keine Ahnung, was er alles so macht oder wo er sich auf dieser Welt befindet. Von einer ausgeglichenen Beziehung hab' ich noch nie gehört. Wahrscheinlich, weil es keine perfekte Familie gibt, egal, was die Müsli-Werbungen uns erzählen wollen.

Was mich betrifft, bin ich Teil der ersten Kategorie. In meiner Familie sind wir zwei Mädels – also drei Frauen und ein Mann. Meine Schwester und ich sind mit Mama aufgewachsen - Mama, die alle Probleme löst, uns Sachen beibringt, stresst, liebt und sagt, dass alles besser wird. Und der Papa? Er ist da, in der National Geographic- und Discovery-Welt gefangen. Man geht zu ihm, wenn man mit unlösbaren Mathe-Problemen zu kämpfen hat. Als ich 16 war, fragte ich meinen Vater nur dann um Erlaubnis, wenn Mama die Sache völlig verboten hatte. Da dachte ich mir: Ich kann noch mal beim Papa probieren. Die Antwort war immer die gleiche: „Was sagt deine Mutter dazu?“. Ein übliches Szenario, zumindest in meinem Mädels-Kreis. Irgendwann gab ich die Hoffnung auf und fragte ihn nicht mehr. Damit hat sich unser Kontakt gründlich verringert.

„Aber als ihr klein wart, habt ihr euch so gut verstanden!“

Das sagte mir mal meine Cousine, die bemerkte, wie weder ich noch meine Schwester mit dem Papa redeten, ihn fast ignorierten. Der Bruch passierte dann, als alle Eltern und Kinder sich gegenseitig hassten: in der Pubertät. Meine Theorie ist, dass die Väter anfangen, Angst vor den Mädels zu haben und langsam wird die Beziehung schräger, bis keiner etwas mit dem anderen zu tun haben will. So war es zumindest bei mir. Eine lange Zeit dachte ich mir, meinem Vater sei es völlig egal, was ich mit meinem Leben mache. Es war auch gut so. Die Mama stresste genug und ich wollte selbstständig sein. Weil ich alles alleine schaffen könne, dachte ich mir. Als mein Vater etwas gegen meinen damaligen Freund hatte, wurde ich wütend. „Ok, du sagst nichts zu mir und ich nichts zu dir. Das passt. Aber auf einmal ein Wort zu haben, wo du bisher kein Interesse  gezeigt hast?“. Das geht nicht. Die Beziehung wurde noch angespannter und blieb so eine lange Zeit. Bis jetzt.

Na, was ist eigentlich passiert?

Keine tiefen Diskussionen, keine Dramen à la Hollywood, eher bin ich erwachsener geworden und habe angefangen, die ganze Sache aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Aus dem Blickwinkel, wo ich selbst etwas bewegen muss, wenn ich eine Beziehung mit meinem Vater haben will. Ich wohne seit Langem nicht mehr zu Hause und obwohl mein Papa und ich ein WhatsApp-Gespräch führen, schreiben wir maximal zehnmal im Jahr.  Aber jetzt, wenn ich zu Hause meine Ferien verbringe, setze ich mich neben ihn und fange an, die verrücktesten Fragen zu stellen. Ob er noch an Gott glaubt? Warum ist der Ölpreis eigentlich gesunken? Was für Bücher haben seine Jugend geprägt? Mir ist klar geworden, dass der Papa nie Mama sein wird. Außerdem interessiert er sich für mein Leben, nur er macht das auf eine besondere Art und Weise – er fragt meine Mutter. Aber das kann man schon verstehen. Denkt nur darüber nach, wie irrational wir mit sechzehn waren. Und wie furchtbar! Ein Mann wird nie verstehen, was da eigentlich passiert. Man braucht ein bisschen Zeit, um sich davon zu erholen. Und du selber brauchst Zeit, erwachsen zu werden. Also Mädels, redet mit euren Vätern. Das wird euch beiden guttun. Und die Mutter von der ständigen Vermittlerrolle ein bisschen befreien.

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