Smartphone oder Kopftuch? - Entscheid dich

10. September 2015

Heute morgen, 11 Uhr. Ich bin schon spät dran zur Arbeit und beeile mich, um die U-Bahn zu erwischen. Nein, ich habe nicht verschlafen, ich hatte meine praktische Führerscheinprüfung, die ich Gott sei Dank geschafft habe. Denn ich war total nervös und gestresst wegen der ganzen Sache und da meine Eltern für ein Monat im Ausland unterwegs sind, fehlte mir auch die seelische Unterstützung.

Trotzdem hab ich die Prüfung bestanden und war total glücklich, da ich jetzt endlich ohne dieses lästige L-Taferl mit dem Auto fahren kann. Doch eine österreichische ältere Dame wollte mir diese Glücksgefühle nicht länger gönnen. Als ich in die U- Bahn einsteige, schaut sie mich zuerst schief an. Dann fragt sie mich, ob ich Deutsch könne. „Ja“, sage ich freundlich - eine Antwort, die ich später bereue. „Das hier ist 17. Jahrhundert“, meint sie und deutet auf mein Kopftuch. „Und das hier ist 21. Jahrhundert“, sagt sie und zeigt mit ihrem Finger auf mein Handy, das in meiner Hand ist. „ Sie können das Tuch nicht weglassen, können aber auch nicht ohne Handy. Entscheiden Sie sich einmal. Das geht nicht“, lacht sie. Ich bin verblüfft und weiß nicht wirklich, was ich antworten soll. Mitlachen ist auf jeden Fall nicht drinnen. Ich fühle mich angegriffen, es ist ist alles andere als lustig. Ich trage das Kopftuch nicht, weil es gerade „in“ ist, sondern aus religiösen Gründen und da ist es mir egal, aus welchem Jahrhundert es ihrer Meinung nach stammen soll.

Soll ich jetzt aufhören, ein Smartphone zu benutzen, nur weil ich ein Kopftuch trage? Ich habe sie auch nicht auf ihr hässliches Hemd aus den 40er Jahren angesprochen oder nachgehakt, wieso sie sich nicht moderner kleidet, so wie sich Frauen heutzutage eben kleiden, auch in ihrem Alter - das gehört ja auch ins 21. Jahrhundert. Oder wieso sie noch immer die Frisur trägt, die meine Uroma zu ihrer Jugendzeiten trug? Aber okay, zumindest habe ich die Führerschein-Prüfung bestanden.

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