Und in Deutschland ne Österreicherin

10. Dezember 2011

In Österreich ist es ziemlich einfach, Ausländer zu sein. Der klassische Dialog zwischen waschechten und denen, deren Wurzeln nicht unbedingt seit 50 Jahren in der Alpenrepublik zu verorten sind, läuft stets gleich ab: „Ah, Sie sprechen aber sehr gut Deutsch. Woher kommen Sie denn? „Aus Wien“ schnauf‘ ich in genervter Erwartung auf das, was gleich kommt. Nämlich ein dreißigsekündiger irritierter Gesichtsausdruck, der mich stets an den etwas ang‘rannten Hund Odie aus Garfield erinnert, der nur schwer begreift, dass etwas ist, wie es eben ist.

 

Genuine Austrian

Und wenn der Waschechte sich wieder "dafangen" hat, kann er es nicht lassen, sein Unverständnis über die Kombination „Nicht blond & blauäugig – aber super Deutsch“ weiter Abhilfe zu verschaffen: „Ja, aber Sie schauen so exotisch aus. So dunkel. Woher kommen Ihre Eltern?!?!“ Diese ständige Aufforderung, sich klar als etwas zu deklarieren, eigentlich zu rechtfertigen, löst einen inneren Brechreiz aus. Dennoch überwinde ich mich immer wieder und spule meine üblichen Sätzchen ab: „Ja, also ich bin hier geboren, aber meiner Eltern kommen aus … und deswegen …hier in die Schule … jaja, auch die Uni … und meine Schwester … alle Verwandten hier … jedes Jahr im Sommer … meistens Deutsch … und so weiter und sofort "

 

Harald Schmidt und ich

So viel also zum Integrationsstatus in den Köpfen derer, die das Ursprungssiegel „österreichisch“ für sich gepachtet haben. Tja, und dann kam Deutschland. Dort erlebte ich meine ganz persönliche kulturelle Irritation. Ein Wochenende in Köln verschaffte mir jene Annerkennung von österreichischer Zugehörigkeit, die mir hierzulande mit unterschwelligem Plagiatsvorwurf verwehrt bleibt. Denn für die Deutschen war plötzlich ICH die Waschechte mit diesem lieben Wienerischen Dialekt, den man ja sofort höre. Oh, und wie man den sofort gehört hat. Während ich mich ja heimlich über den deutschen Akzent amüsiert habe, den ich nur von RTL und Harpe Kerkelings Horst Schlämmer kenne, bemerkte ich zunächst nicht, dass ich hier ja die Witzfigur bin. Also, die Österreicherin mit „diesem entzückenden Wiener Dialekt und diesem charmanten Wiener Schmähhhh“. Oh, wow. Ich war gefangen im Netz der kitschigen Klischees über Österreicher. Somit war jede Begegnung mit den Kölnern gepaart mit einem Schlagabtausch über Schnitzeln, Fiaker, Kitzbühel, Mozart und sauschlechten Fußball. Natürlich hat es sich kaum einer nehmen lassen, meinen angeblichen Wiener Akzent voller Begeisterung nachzuäffen. Ich kam mir vor wie bei Harald Schmidt.

 

 

 

Schnitzel-Dialekt

Meine echt angestrengten Bemühungen, allzu entlarvende Wiener Ausdrücke wie „Leiwand, ur, oida, schleich dich, heast, na servas, ur arg, ma oida, geh scheissnnnn, g‘schissn, wurscht, boa des fäut, Sackerl, tschüss babaaa, Topfengolatsche, Semmel, Marmelade …“ , wegzulassen, waren vergebens. Die Deutschen hatten ihren Heidenspaß, wenn ich den Mund aufmachte und plötzlich spürte ich diesen mir bis Dato unbekannten österreichischen Minderwertigkeitskomplex in mir aufkeimen. Deswegen mögen die Ösis die Piefke also nicht …

 

Ausländer mit Upgrade

Letztlich war ich auch im Ausland die Ausländerin. Aber eine Ausländerin mit Upgrade, bitte! Die Deutschen waren nämlich so damit beschäftigt, sich über meinen Schnitzel-Dialekt zu zerkugeln, dass sie glatt vergessen haben, zu fragen, wieso ich denn als Österreicherin so exotisch, so dunkel aussehe und woher denn meine Eltern kommen …

von Ivana Cucujkić

 

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Kommentare

 

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