Ausländer haben es weiterhin schwer

16. Dezember 2020

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Kurt Luger, Projektleiter Wiener Diversitätsmonitor 2020, Philipp Hammer, Projektleiter Wiener Integrationsmonitor 2020und Christoph Wiederkehr, Stadtrat für Integration und Bildung bei der Ergebnispräsentation (Foto: PID/Stadt Wien)
Kurt Luger, Projektleiter Wiener Diversitätsmonitor 2020, Philipp Hammer, Projektleiter Wiener Integrationsmonitor 2020und Christoph Wiederkehr, Stadtrat für Integration und Bildung bei der Ergebnispräsentation (Foto: PID/Stadt Wien)

Alle drei Jahre werden Daten rund um Migration, Integration und Diversität von der Stadt Wien bzw. der zuständigen MA17 erhoben und ausgewertet. Das Ergebnis nennt sich das Wiener Integrations-und Diverstitätsmonitoring. Ein Buch mit 200 Seiten voller Daten, Fakten und Statistiken kam beim fünften Monitoring heraus. Von Experten sowie dem frischgebackenen Vizebürgermeister und Stadtrat für Integration Christoph Wiederkehr wurden die wichtigsten Fakten am Mittwoch im Rahmen einer Online-Tagung präsentiert.

Ein paar Verbesserungen

Nach dem Motto „Die guten Nachrichten zuerst" beginnen wir auch mal mit den positiven Ergebnissen. Denn einige Sachen haben sich in den letzten Jahren doch getan.

So zum Beispiel, dass die Stadt Wien mittlerweile auf viel mehr migrantische oder ausländische Angestellte zählen kann als noch vor ein paar Jahren. Eine ­ausländische­ Herkunft ­liegt ­hier dann­ vor, ­wenn ­eine Person­ eine ausländische­ Staatsangehörigkeit ­hat ­bzw.­ im­ Ausland ­geboren ­wurde­ und­ eine­ österreichische Staatsbürgerschaft ­besitzt. 25,6 % des Personals der Stadt Wien haben mit Stand 2019 eine anderes Herkunftsland als Österreich. Im Jahr 2013 waren es noch 24, 5 Prozent. „Das ist noch immer zu niedrig, aber die Tendenz stimmt“, fügt Kurt Luger vom Projektteam Diversitätsmonitor hinzu.

Auch im Bereich Bildung gibt es positive Entwicklungen.  Jugendliche im Alter zwischen 15 und 19 Jahren und mit Migrationshintergrund aus Drittstaaten besuchen heute weitaus öfter eine höhere Ausbildung ab der Matura als noch im Zeitraum 2013 – 2016. Somit hat sich der Bildungserwerb der Wiener Jugendlichen mit Bildung aus Österreich und Migrationshintergrund in den letzten Jahren an jenen der autochthonen Österreicher angeglichen. Zudem bringen aus dem Ausland nach Wien zuwandernde Menschen zunehmend höhere Bildungsabschlüsse aus dem Ausland mit - womit wir leider aber auch schon bei den negativen Ergebnissen sind.

Schlechtere Löhne, doppelte Benachteiligung für Frauen 

Denn die Diskrepanz zwischen dem Bildungsabschluss aus dem Ausland und dem Job, denn man den in Österreich ausübt, ist noch immer groß. So arbeiten 42 % der WienerInnen mit mittlerer oder höherer Bildung aus Drittstaaten sowie 32 % der WienerInnen mit mittlerer oder höherer Bildung aus EU/EFTA-Staaten in Hilfs- und Anlerntätigkeiten. Die meisten kennen bestimmt Menschen wie eine Serbin mit BWL-Abschluss, die in Österreich Klos putzt oder dem Pflegepersonal aus dem Osten, die in bei uns einen Job ausrichten, der unter ihrer Kompetenz liegt.

Zudem sind Menschen mit Bildung aus dem Ausland oder Migrationshintergrund in Bezug auf ihre Entlohnung schlechter gestellt. Zusätzlich werden Frauen nochmal schlechter entlohnt als Männer. Dadurch sind Frauen mit Bildung aus dem Ausland oder Migrationshintergrund doppelt benachteiligt sind.  Auch leben WienerInnen mit ausländischer Herkunft bedeutend öfter in einkommensschwachen Haushalten als die Bevölkerung mit österreichischer Herkunft. Zu fünft in einer 50-Quadratmeter Wohnung - für ausländische Familie ist das häufig die Realität.

Und das sind nur einige der Daten, die aufzeigen und belegen, was Migranten oder Ausländer ohnehin schon wissen und spüren. Wirklich neu sind Ergebnisse nicht und dennoch ist ein Armutszeugnis für die österreichische Integrationspolitik - oder der „Desintegrationspoltik“ wie sie Rainer Bauböck vom europäischen Hochschulinstitut in Florenz nennt.

Wien hat ein Demokratiedefizit

Er bezieht sich damit vor allem auch auf die restriktive Einbürgerungspoltik Österreichs. Seit circa 2006 ist es aufgrund verschärften Regelungen viel schwerer die österreichische Staatsbürgerschaft zu erlangen. Die Rate in Wien liegt bei 0,8 %. Das bedeutet, dass von tausend in Wien lebenden Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit gerade einmal acht die österreichische Staatsbürgerschaft erhielten. In einer Einwanderungstadt wie Wien ist das nicht nur ein Integrationsproblem, sondern auch ein in Hinsicht auf die Demokratie sehr bedenklich. Schließlich ist das Wahlrecht in Österreich an die Staatsbürgerschaft gekoppelt. 2020 konnten 30,1 % aller WienerInnen im wahlfähigen Alter aufgrund ihrer fremden Staatsangehörigkeit nicht an Gemeinderats-, Landtags- und Nationalratswahlen teilnehmen und nicht mitbestimmen, was mit ihrer Stadt passiert. Rund ein Drittel aller WienerInnen die hier also wohnt und lebt, aber dann doch nicht ganz dazu gehört.

Beim Thema Integration ist der Weg, wie man sieht, also noch sehr weit. Die vollkomme Gleichbehandlung ist leider noch lange nicht Realität. Denn auch wenn die Schritte in die richtige Richtung gehen, sind es doch nur sehr kleine.

 

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