Ich hätte im Asylinterview nicht lügen sollen!

10. Februar 2021

A.* lebt seit mehreren Jahren in Österreich. Ohne Reisepass, ohne Identität. Seine Asylanträge wurden mehrmals abgelehnt. Er erzählt mir seine Geschichte und hofft, dass niemand denselben Fehler wie er begeht – beim Asylinterview lügen.  

A. bereut, in seinem ersten Asylgespräch mit 19 gelogen zu haben. Aufgrund der „Tipps“ von einem Freund gab er falsche Informationen über seinen Geburtsort an: „Als ich die Wahrheit sagen wollte, sagte er zu mir, dass das Blödsinn ist und ich lügen muss, damit ich Asyl erhalte.“ Er gibt an, dass er viele solche Menschen kennt, die vom Lügen profitierten. Manche seien jetzt in den USA, in Schweden oder Deutschland mit einem gültigen Aufenthaltsvisum oder einem konventionellen Pass.

In Europa wächst Geld auf den Bäumen!

Das würden viele in seinem Heimatland denken und sich auf den Weg nach Europa machen: „Viele denken, dass man hier einfach reich wird, ohne arbeiten zu müssen. Das ist aber falsch.“ Er hat es satt, so zu leben. Weil er in unterschiedlichen Interviews unterschiedliche Informationen über sich selbst gab und die Fremdenpolizei darauf kam, befindet er sich in einem Teufelskreis: „Ich habe zuerst gelogen, um mich zu retten. Jetzt sage ich die Wahrheit aber niemand glaubt mir mehr. Und das ist meine Schuld. Ich habe es einfach falsch gemacht.“ Er weiß nicht, wo er hinfahren könnte, falls er doch ausreisen müsse. Seine Familie hat er seit Jahren nicht mehr gesehen und keine richtigen Kontakte mehr zu ihr. Indem er jetzt die Wahrheit spricht, hofft er, seinen Fehler auszubessern und in Österreich leben zu dürfen. Mittlerweise beherrscht er die deutsche Sprache sehr gut und engagiert sich freiwillig bei einer NGO.

Schade ums Image der nachkommenden Asylsuchenden

Weil er viele kennt, die ungerechterweise Asyl bekommen haben, will er jetzt Stop sagen. Wenn man sich die unfairen Abschiebungen letzter Zeit anschaue, solle es noch klarer werden: „Weil wir gelogen haben, haben alle Asylsuchende ein schlechtes Image.“ Diejenigen, die wirklich für Ihr Leben flüchten, bekommen also kein Asyl, während diejenigen, die „nur“ für mehr Geld ihr Heimatland verlassen, sich als europäische Staatsbürger rühmen können. Er kenne einige, die 35 sind, aber behaupteten, sie seien 18. Und diese haben laut ihm keine Probleme bei Asylverfahren gehabt, weil die Beamten glaubten, ihre Dokumente seien im Krieg verloren gegangen. Solche Lügen würden also nur das Vertrauen an ImmigrantInnen im Allgemeinen zerstören. Genau das will er mit seiner Geschichte ausdrücklich machen und seine Schuld akzeptieren: „Jetzt sage ich die Wahrheit, bevor es zu spät sein wird.“

*Der Name wurde von der Redaktion geändert. Er/sie wollte anonym bleiben.

 

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