Aus Österreich abgeschoben, in Deutschland glücklich geworden – Familie Mohammad

02. Februar 2021

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Familie Mohammad
Manal Mohammad und ihre Kinder in Deutschland. Bild: Manal Mohammad

Die Familie Mohammad wurde 2018 aus Österreich nach Bulgarien abgeschoben. Jetzt leben sie in Deutschland ohne die Angst, abgeschoben zu werden. Die Mutter Manal Mohammad erzählt die Geschichte der fünfköpfigen syrischen Familie.

04.03.2018, Sonntag um sechs Uhr in der Früh: Nach zwei Jahren und sieben Monate in Oberwart, Burgenland klopft die Polizei an der Tür der Familie Mohammad. In der Zwischenzeit stellte die Familie zweimal den Asylantrag, doch sie bekam jedes Mal einen negativen Bescheid. An den Tag erinnert sich Manal Mohammad kristallklar: „Die Polizei kommt, klopft einmal an derTür und dann macht sie dann kaputt. Ich fragte warum und die sagten mir, dass ich jetzt nach Bulgarien muss. Dann schlugen zwei, drei Polizisten meinen Mann. Er musste nur in seiner Unterhose ins Gefängnis gehen. Mich und meine Kinder nahmen sie auch mit und wir fuhren nach Wien.“  Dort mussten sie in einem geschützten Gebäude drei Tage verbringen. Manal sagt, sie musste sich nackt ausziehen, um detailliert untersucht zu werden. In dem Moment wusste sie nicht, wo ihr Mann war. Auch am dritten Tag, kurz vor der Abschiebung, musste sie sich wiederholt ausziehen. Auch ihre Kinder. In einem getrennten Zimmer, in Abwesenheit der Mutter.  Als Delo (damals 10 Jahre alt), der älteste Sohn von Manal weinte und als ein Rotes-Kreuz-Betreuer nach dem Grund fragte, antwortete er: „Ich will meine Schule, meine Freunde behalten. Warum müssen wir nach Bulgarien? Dort habe ich gar nichts.“  Danach fuhr Manal mit ihrem kleinsten Sohn in einem Auto und die anderen drei Kinder in einem anderen Auto zum Flughafen. Am 06.03.2018 um zehn Uhr hob die Maschine Richtung Bulgarien ab. Der Mann folgte zehn Tage später. 

Familie Mohammad
Die 2018 von Irmgard Seidler organisierte Petition. Screenshot: Change.org

Vor der Abschiebung: Das Leben in Österreich

Manal Mohammad und ihre Familie flüchteten 2012 aus Damaskus und landeten in verschiedenen europäischen Ländern wie Schweden, der Türkei oder Bulgarien. 2015 gingen sie fünf Tage lang zu Fuß von Bulgarien ins Burgenland, wo ihr Bruder noch immer lebt. Er ist seit 2008 in Österreich und hat seit sieben Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft. Seit 2013 leben auch ihre Mutter, ihre Schwester und ihr Vater in Wien, mit einem positiven Asylbescheid. Manal war anfangs glücklich, weil ihre ganze Familie in Österreich war. Nach etwa eineinhalb Jahren kam auch ihr Mann von Bulgarien nach Österreich. Beide durften nicht arbeiten, die Kinder besuchten jedoch die Schule. Delo (13) sagt, dass er in Österreich mehr Freunde hatte als jetzt in Deutschland. Er möchte gerne Arzt oder Fußballspieler werden, wie sein Vorbild Lionel Messi. Auch Juan (10) will, wie sein Bruder, Fußballspieler werden. Und wenn das nicht klappt, ein Anwalt.

In Burgenland lernte die Familie auch Irmgard Seidler kennen, die die Familie als Vertrauensperson begleitete. Sie ist die Obfrau von „GPlus Generationen Burgenland“ der Grünen Partei und kämpfte 2018 gegen die Abschiebung der Familie Mohammad. Eine Online-Petition, die von vielen Menschen Unterstützung bekam, war einer ihrer Versuche. Doch umsonst. „Seitdem ist die Situation für Geflüchtete immer schlechter geworden. Herzreißende Geschichten werden ignoriert.“ , sagt Seidler.

Deutschland als die letzte Station

Familie Mohammad
Aus unserem gestrigen Gespräch: Familie Mohammad kann trotz allem lachen. Jetzt droht keine Abschiebung und sie sind gemeinsam. Bild: Tansu Akinci

Über die Zeit in Bulgarien nach der Abschiebung möchte Manal nicht sprechen, weil sie sehr traumatisiert ist. Nach acht Monaten, im Dezember 2018 kam sie gemeinsam mit ihrer Familie nach Deutschland. Momentan verfügen sie und ihre Familie über einen Aufenthaltstitel, den sie jedes Jahr verlängern müssen. Die Abschiebung sei somit nicht möglich. Während die Kinder zur Schule gehen und der kleine Saleh zum Kindergarten, lernt sie weiter Deutsch. Ihr Mann machte in der Zwischenzeit eine Ausbildung und ein Praktikum. Weil wegen Corona das meiste geschlossen hat, wartet er derzeit auf einen Arbeitsplatz. Österreich vermisst sie wegen ihrer Familie, sie freut sich darauf, sie wieder zu sehen. Manal wird weiter über ihre Geschichte sprechen. Sie spricht sich gegen Abschiebungen aus, weil sie sie aus der Praxis kennt und niemandem wünscht. Angesprochen auf die martialische Abschiebung der Schülerin aus Wien, schüttelt sie den Kopf: „Ich verstehe nicht, warum die Polizei so respektlos vorgeht. Das ist falsch.“

 

 

 

 

 

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