Der Jugo-Macho

06. Februar 2015

Muskulös, gutaussehend und sexistisch - das Bild des Balkaners in Wien ist von Stereotypen geprägt. Aber wieso sind die Anmachsprüche von Männern in Serbien weniger unhöflich, wo doch alle die gleiche Mentalität haben?  Ist das Jagdverhalten etwa vom Jagdgebiet und nicht vom Jäger abhängig?

 

Samstagabend auf der Balkanstraße: Meine Mädels und ich trinken unsere Cocktails, tanzen zur Turbofolkmusik und haben einen lustigen Abend. Mein Handy klingelt, ich gehe vor die Tür. Kaum stehe ich draußen, weg vom Schutz meiner Freundinnen, kommt der erste Spruch: „Na Kleine, ist dir nicht kalt? Ich wohn hier gleich, dann wärm‘ ich dich ganz schnell auf, Püppchen!“ Ich ignoriere die Anmache, es gehört schließlich zum weiblichen Alltag, blöde Sprüche unkommentiert zu lassen.

 

Bock auf 'ne schnelle Nummer?

Eine Woche später treffen wir uns zum Filme schauen bei einer Freundin. Gegen Mitternacht gehen wir zum Gürtel, die Lust auf einen Gute-Nacht-Döner hat uns übermannt. In der Schlange sagt ein Typ zu mir: „Bock auf 'ne schnelle Nummer?“ Okay, das geht zu weit. Ich drehe mich um und schaue ihn an. Großer Muskelprotz mit Glatze. Ob der auch ein Jugo ist? Ich frage ihn auf Serbisch, ob er die Frauen in in seinem Heimatdorf auch so anbaggert. Er läuft knallrot an, ihm ist es sichtlich peinlich, dass ich seine Herkunft erraten habe. Er entschuldigt sich stotternd und ist im nächsten Moment auch schon verschwunden. 

Ich komme ins Grübeln. Bin ich vergesslich, oder ist mir so etwas in Serbien noch nie passiert? Wenn ich dort angesprochen werde, dann nur von Bekannten meiner Bekannten. Die Flirtmentalität ist Unten etwas anders, man kennt sich oder man lernt sich über Facebook kennen. Auf der Straße angesprochen wird man eher selten. Und wenn mich jemand anspricht, den ich nicht über mehrere Ecken kenne, fragt er mich nur nach meinem Namen und nicht nach meiner Körbchengröße. Wo liegt also der Unterschied? Die Männer haben doch die gleiche Mentalität? Ich habe mich gefragt, wo der Unterschied im taktischen Vorgehen beim Frauen-Aufreißen liegt, aber ich kam einfach zu keiner Antwort.

 

Deswegen habe ich mich einfach an selbsternannte Machos gewandt. Wer weiß es besser als sie selbst?

 

Die österreichischen Frauen sind leichte Beute. Sie sind eher dazu bereit, was Kurzfristiges anzufangen als unsere Frauen. Deshalb muss man bei ihnen offensiver vorgehen, um schnell ans Ziel zu gelangen, wenn du verstehst was ich meine!
Milos (24)

 

 

„Ich belästige Frauen weder in Wien noch in Belgrad. Man braucht Frauen nicht dumm anzumachen, wenn sie Interesse haben, geschieht alles von alleine. Manchmal tun mir die Mädels regelrecht leid, ich seh ja wie oft meine Kumpels ihnen Sprüche hinterherrufen.“
Marko (23)

 

 

„In Tuzla zum Beispiel kennt jeder jeden. Wenn ich da mal einer was Provokatives sage, weiß das sofort jeder. Sogar meine Mutter oder meine Oma. Deswegen benehme ich mich dort, Kontakt mit Mädels entsteht meist über Bekannte oder über Facebook. Also klar bin ich dann hier in Wien etwas lockerer, aber blöd anmachen braucht man sie ja nicht.“
Anit (19)

 

 

„Schau, wenn im Viva, dem Balkanclub im 20.Bezirk, Mädels total betrunken auf Tischen tanzen, weiß man doch, was sie wollen. Wieso sollte ich dann weggucken und nicht mit ihnen reden? Der Ton ist um 5 Uhr morgens wahrscheinlich etwas vulgärer. In dem Ort, aus dem ich bin, Drakulic bei Banja Luka, gibt es solche Frauen irgendwie nicht. Und wenn es sie gäbe, würde ich genauso mit ihnen umgehen.“
Nikola (25)

 

 

Hm. So ist das also. Wirklich schlau geworden bin ich nicht. Aber meine Mädels und ich sind uns einig: Diese dummen Anmachsprüche führen zu keinem Erfolg. Außer die Dame ist betrunken, willig oder unwissend. Und liebe Jugo-Machos: Wien ist kein Beuteparadies, sondern eine Stadt voller netter Mädchen wie in Tuzla, Drakulic oder Belgrad – also spart euch euer „Püppchen“ für eure Mutter!

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Kommentare

 

Als Frau hat man es halt nicht leicht. Schöne Geschichte

 

Leider sehen viele Primitivlinge von unten die österreichischen Frauen als Schlampen, die man jederzeit niveaulos anbaggern kann. Hätt gern das Gesicht des Glatzkopfs gesehen als du ihn auf serbisch zur Rede gestellt hast.

ps: Schickes Profilfoto

 

In diesem Blog wird ein Bild junger Männer, vom Balkan, gemalt, welches nicht der Wirklichkeit entspricht. Wenn überhaupt, trifft dieses auf einen kleinen Teil, ungebildeter Männer, welche in jeder Gesellschaft im gleichen Ausmaße anzutreffen sind.
Ich empfehle der Autorin sich auch in anderen gesellschaftlichen Schichten zu bewegen, wo sie Balkanmänner, welche ein zivilisierteres und moderneres Frauenbild haben, antrifft.
Ein Bericht über diese gebildete, erfolgreiche und moderne Gruppe von Männern, welche tatsächlich existiert, würde viel mehr zur Beschreibung der Wirklichkeit beitragen und helfen Vorurteile abzubauen.

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